Muss ich als gute Bürgerin jetzt eine Viertwaschmaschine anschaffen? Wir haben zu zweit zwar schon drei Waschmaschinen, aber nur ein Auto. Da ist auf jeden Fall noch was drin. Auch dass wir in zwei Wohnungen null Fernsehgeräte haben, könnte Konjunkturbesorgten Hoffnung geben. Allerdings ist derzeit keine größere Anschaffung geplant als ein Gurkenhobel.
Die Wirtschaftsforscher sind pessimistisch wie lange nicht mehr, lese ich in der Zeitung. Das Wachstum knickt ein, höre ich im Rundfunk. Ja, Himmel noch einmal, denke ich, wie soll denn das funktionieren, dass die Wirtschaft immer mehr absetzt, wenn die einen schon alles haben, was sie brauchen, und die anderen sich nicht leisten können, was sie gerne hätten? Und, verdammt noch einmal, warum muss ich in Panik geraten, wenn die Märkte kränkeln? Wie fühlen wir uns denn? Vereinzelt und hilflos - das ist integraler Teil des kapitalistischen Programms. Von Katastrophen ökonomischer, ökologischer und sozialer Art bedroht - und das beinahe ununterbrochen seit der Wende vor mehr als zwanzig Jahren. Wir fühlen uns schon ziemlich mürbe.
Auf die Zukunftsvektoren Fortschritt und Wachstum kann man nicht mehr setzen, die Hoffnung ist passé. Was immer geschehen kann, um wieder Wärme, Zuversicht und Miteinander zu erzeugen, muss eine Alternative zur realen Gegenwart sein. Wieder einmal bietet die Kunst Anschauungsmaterial. "Zweite Welten“ heißt das Motto des steirischen herbstes, in dem mehrere Ausstellungen sich Praktiken und Visionen einer anderen Lebensführung widmen. Man muss nicht behaupten, dass die Kunst die Welt retten wird. Aber um zu sehen, wie viele schon einen anderen Weg eingeschlagen haben, fort von Zweitwagen und Abstiegsangst, hin zu mehr Sinn, mehr Selbstmächtigkeit, mehr Solidarität, dazu kann es sich lohnen, eine Ausstellung zu besuchen.
* Die Autorin ist Direktorin des Lentos Kunstmuseum Linz
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