Wo, wie und ob man Spiritualität lernen kann

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Diese Frage stellten sich die Teilnehmer am Symposium „ZukunftsBilder“. Von der Wichtigkeit eines solchen Lernens für die Zukunft waren alle überzeugt.

Die Intensität der religiösen Erfahrung und zugleich das Nachdenken darüber, das ist Spiritualität für Dietmar Mieth. Meistens jedoch würde bei dem Begriff an die im englischen Sprachraum gebräuchliche Bedeutung von „spirituality“ gedacht werden. Und darunter würde eine Transzendenzerfahrung, die bloß nicht von religiösen Institutionen normiert werden soll, verstanden. Im Arbeitskreis, der sich der Frage nach „Lernorten für Spiritualität - auch in der Kirche?“ widmete, wurde von den Teilnehmern kritisiert, dass sich die Kirche in der Vergangenheit immer weiter weg bewegt habe von der spirituellen Dimension des Glaubens.

In- und außerhalb der Kirche gäbe es aber durchaus Lernorte für Spiritualität, brachte der deutsche Moraltheologe Dietmar Mieth auf dem Symposium „ZukunftsBilder“ ein: „Es gibt den Lernort der Armut – darüber lesen wir in der Befreiungstheologie –, den der Fremde, dem wir tagtäglich gegenüberstehen und der auch Jesus prägte, sowie unzählige andere ermöglichende Lernorte.“ Um spirituelle Erfahrungen konkret zu ermöglichen, würden aber auch freie Räume und überzeugende Personen gebraucht. Hilfreiche Begegnungen, in denen das Angebot einer vertiefenden Begleitung gemacht werden könne, wurden im Arbeitskreis als Chance gesehen. Gerade ein Erfahrungsaustausch könne auf einem Weg des spirituellen Lernens hilfreich sein. Auch Kunst und Literatur würden die Möglichkeit geben, durch Provokation und das pointierte Ansprechen von Themen zu einem Lernort für Spiritualität zu werden.

Das Risiko des Nichts

Neben äußeren Einflüssen müssten auch innere Orte für die Vertiefung der spirituellen Dimension des Glaubens entdeckt werden. Das Nichts müsse als spirituelle Ressource genützt werden, in dem Stille zugelassen wird, erklärten einige Teilnehmer des Arbeitskreises. Auf der anderen Seite kam in der Diskussion auch die Warnung vor der Bedrohlichkeit des Nichts auf, die das Risiko des Verlustes des Glaubens beinhalte.

Die Komplexität der Frage nach Lernorten für Spiritualität wurde auch durch die Uneinigkeit innerhalb des Arbeitskreises auf dem Symposium deutlich (Thesen dazu siehe oben). Während die einen vom „Megatrend Spiritualität“ sprachen, und von der Kirche erwarten, sich am „Markt der Spiritualitätsanbieter“ zu behaupten, wollten andere diese Sicht der Dinge nicht gelten lassen. Die Pastoraltheologin Regine Polak etwa wehrte sich gegen die aufgestellte These und wies darauf hin, dass Religion nicht nach den Marktprinzipien funktioniere, sondern weitaus komplexer sei. Einigkeit herrschte darüber, dass Spiritualität in der Kirche zukünftig mehr Platz eingeräumt werden müsse.

Wirken und Werden

In seiner Vision für Spiritualität in der Kirche im Jahr 2030 berief sich Mieth auf die Worte des mittelalterlichen Mystikers Meister Eckhart. In dem Satz „Gott wirkt und ich werde“ stecke das Potenzial für zukunftsweisende Änderungen. „Der Mensch begreift sich als von etwas Größerem umfangen. Er weiß präventiv, dass es eine größere Möglichkeit gibt, die seine Lebenswirklichkeit werden kann.“ Diese individuelle Dimension von Spiritualität sei unverzichtbar, erklärte Dietmar Mieth. „Spiritualität der Zukunft wird die persönliche Identität des Einzelnen enthalten müssen. Denn wenn nicht, wüsste ich nicht, wie der Glaube weitergegeben werden könnte.“ (Astrid Mattes)

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