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Das Sekretariat fur die Unglaubigen

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Wie bereits kurz gemeldet, wurde Kardinal König von Papst Paul VI. zum Präsidenten des neugegründeten Sekretariates für die Ungläubigen bestellt. Wir bringen im folgenden eine kurze Zusammenfassung der bisher vorliegenden Informationen über dieses neue Sekretariat. „Die Furche“ wird auf die Aufgaben des Sekretariates noch in weiteren Beiträgen zurückkommen.

DAS NEUE SEKRETARIAT führt den Namen „Sekretariat für die Ungläubigen“ („Secretaria p.er i non-credenti“). Präsident ist der Erz-bischof von Wien, Kardinal Dr. Franz König, Sekretär der Dekan der Salesianerhochschule in Rom, Pater Vincenco Miano, Herausgeber einer Enzyklopädie des Atheismus. Unter den Mitarbeitern soll sich auch der in Rom lebende slowakische Jesuitenbischof, P. Paul Hnilica, befinden. Das Sekretariat wurde offiziell am 9. April 1965 errichtet, es hatte seine Arbeit aber bereits f ruher aufgenommen. Sitz des Sekretariates ist Rom. Kardinal König bleibt Erz-bischof von Wien und wird fallweise zur Erfüllung seiner Aufgaben als Präsident des Sekretariates nach Rom reisen. Die Verbindung mit Wien wird im wesentlichen durch den Sekretär hergestellt.

MITGLIEDER DES SEKRETARIATES werden vom Papst ernannte Bischöfe sein sowie Experten und Fachleute aus aller Welt. Zur Mitarbeit sind nicht nur Katholiken eingeladen, sondern auch Christen anderer Konfessionen sowie Vertreter nichtchristlicher Religionen. Der Atheismus ist ein Problem, das alle Religionen angeht.

AUFGABE DES SEKRETARIATES ist die Untersuchung des Atheismus in seinen drei Erscheinungsformen: 1. Der praktische Atheismus in dir modernen Gesellschaft, Indifferentismus, Agnostizismus. 2. Der doktrinäre Atheismus in philosophischer, wissenschaftlicher und literarischer Form, zumal wenn er organisiert in Erscheinung tritt,atheistischer Humanismus, Freidenkerbewegung, ohne allerdings, daß diese Organisationen eine besondere staatliche und gesellschaftliche Förderung erfahren. 3. Der Atheismus als Staatsdoktrin in den kommunistischen Ländern.

DIE UNTERSUCHUNGEN sollen sich mit dem Atheismus sowohl als historisches als auch als aktuelles Problem befassen. Im einzelnen sollen untersucht werden: Der Atheismus als Durchgangsphase in der Entwicklung fast eines jeden Menschen / der Atheismus als zeitlich begrenzte Erscheinungsform kultureller Endphasen und kultureller Übergangszeiten / der praktische Atheismus als Folge geistigen Des-interessements und der kämpferische Atheismus als militante antichristliche Sekte, als Gegenkirche / der Atheismus in anderen Kulturkreisen und bei anderen Religionen / die philosophischen Wurzeln des europäischen Atheismus / der Atheismus des 19. Jahrhunderts als Folge des deutschen philosophischen Idealismus / Atheismus und Marxismus /Gibt es einen Marxismus ohne Atheismus? / Der Atheismus als Zeichen bürgerlicher Dekadenz / Wie weit kann es eine Koexistenz zwischen Glauben und Unglauben, Religion und Atheismus geben? / Die Abgrenzung zwischen Naturwissenschaft und Religion sowie zwischen Philosophie und Religion.

WELCHE MÖGLICHKEITEN stehen dem Sekretariat zur Verfügung? Kontakte mit Zentren ähnlicher Bestrebungen / Sammlung wissenschaftlicher Arbeiten / Auftragerteilungen für Spezialuntersuchungen / Sammlung einschlägiger Literatur / Veranstaltung von Tagungen und Symposien, zu denen jeweils auch Vertreter des Atheismus geladen werden (eine erste Tagung findet Ende April in Salzburg unter dem Thema „Christentum und Marxismus“ statt).

ZIEL DER BESTREBUNGEN DES SEKRETARIATES wird es in erster Linie sein, aufklärend zu wirken. Es sollen die Katholiken über Ursprünge, Wurzeln, Erscheinungsformen, Möglichkeiten und Grenzen des Atheismus informiert werden. Der Atheismus ist keine naturnotwendige Endphase der menschlichen Entwicklung, sondern eine Zwischenphase im Leben des Einzelmenschen und im Leben der Kulturen. Die Diskussion zwischen Atheismus und Religion soll vom Niveau des Pfaffenspiegels hinauf in eine höhere Sphäre gehoben werden. Es ist nicht Aufgabe des Sekretariates, die Abwehr der Religionsgemeinschaften gegen den Atheismus zu organisieren. Letztes Ziel ist nicht Kampf gegen einen kämpferischen Atheismus, sondern einen Beitrag zu liefern für die geistige Befriedung der Welt

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