EZB-Urteil - © Foto: APA / dpa / Uli Deck

EZB-Urteil: Karlsruhes Geschenk an Warschau

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Ausgerechnet polnische Politiker loben die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über EZB-Anleihenkäufe. Deutschland liefert den Populisten im Osten der EU nun einen Vorwand, weiter den Rechtsstaat abzubauen.

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Ausgerechnet polnische Politiker loben die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über EZB-Anleihenkäufe. Deutschland liefert den Populisten im Osten der EU nun einen Vorwand, weiter den Rechtsstaat abzubauen.

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Es passiert nicht oft, dass deutsche Richter zu einer Hauptnachricht in Polen werden. Noch seltener loben Politiker der polnischen nationalkonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) Urteile des Bundesverfassungsgerichts. Derzeit kommen Fernsehsender oder Onlineauftritte im Nachbarland aber kaum ohne Bilder von den roten Roben der Karlsruher Richter aus; das Interesse ist gewaltig – dabei ist der Grund dafür nicht auf den ersten Blick zu erkennen.

In der vorletzten Woche stufte das Bundesverfassungsgericht die Anleihenkäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) als teils verfassungswidrig ein. Wenig später sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, dass deswegen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland möglich sei. Der Fall bietet politisch-juristischen Zündstoff, der sich anbahnende Konflikt zwischen Brüssel und Karlsruhe aber ist nicht der Anstoß für die Aufmerksamkeit, die ihm in Warschau zuteil wird. Vielmehr ist es die Tatsache, dass das deutsche Verfassungsgericht erstmals in dieser Form dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) widersprochen und dessen Kompetenzen eingeschränkt hat.

Sorgen in Brüssel und Luxemburg

Die polnische Regierung nun liegt seit Jahren mit dem EuGH über Kreuz. Wegen des umstrittenen Umbaus des Justizwesens wurden mehrere Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen eröffnet. In Luxemburg und Brüssel ist die Sorge groß, die PiS könnte dem Rechtsstaat weiter schaden. Experten sehen jetzt schon keine funktionierende Gewaltenteilung mehr in Polen. Polnische Politiker allerdings ficht das nicht an. Sie behaupten immer wieder, der EuGH könne nicht über Vorgänge in Polen entscheiden. Ausgerechnet vom obersten deutschen Gericht sehen sie sich nun bestätigt. Das Bundesverfassungsgericht hat in Bezug auf die EZB geurteilt, dass nationales Recht über EU-Recht steht.

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