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Zerrissener Ludwig van Beethoven

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Ernst Pichler gelingt etwas, das mehr als 100 Jahre nicht gelang, nämlich sich vom überragenden Genie nicht den Blick auf die Person verstellen zu lassen.

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Ernst Pichler gelingt etwas, das mehr als 100 Jahre nicht gelang, nämlich sich vom überragenden Genie nicht den Blick auf die Person verstellen zu lassen.

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Natürlich weiß auch der Au-% tor, daß künstlerische Be-i. 1 deutung und „Umweltver-träghchkeit" eines Mannes selten Hand in Hand gehen. Aber er zeigt die Antinomien seines Lebens, die Risse, die durch des Meisters Seele gingen.

Beethovens Vater war ein Trunkenbold, der den Sohn nach Leopold Mozarts Vorbild erziehen wollte. Herausgekommen ist, daß er, nächtens vom Weine heimkehrend, das weinende Kind aus dem Bett und ans Klavier zerrte. Trotzdem verlor dieses Kind die Lust an der Musik nicht. Seine Schulbildimg war so mangelhaft, daß der Meister zeitlebens nicht eiimial multiplizieren koimte. Aber als junger Mensch lernte er Französisch und inskribierte an der Universität (von Syphilis war übrigens keine Spur).

Als Künstler wollte er nach Immanuel Kant den Menschen aus „seiner selbstverschuldeten Uiunündigkeit" herausreißen, um jedoch Erfolg zu haben, verbündete er sich mit den Reichen und Mächtigen. Und die hatten nicht iimner den besten Geschmack. Sachen wie das der Kaiserin Maria Theresia gewidmete Septett und anderes leicht Verdauliche reüssierten. Die Wiener waren „ Gourmands und keine Gourmets" und waren vor allem hinter Sensationen her: Wettstreiten, Wunderkindern, Schlachtgemälden.

Verliebt hat sich Beethoven oft, und der Schwierige wurde auch wiedergeliebt, aber bewußt verzichtete er um des Schaffens Willen auf eine Ehe. Die Unsterbü-che Geliebte war nach Pichler Josephine Brunswick. Wieso? Das muß man unbedingt lesen, auch weil Pichlers Stil an Doderer er-irmert und eine klare soziologische und politische Sicht aufweist.

Daß in so einer großen Arbeit auch Fehler passieren, darf nicht verwundem. So wird es Zeit, daß Beethovens Geiger „Schuppan-zigh" endlich zu seinem wirkh-chen Namen Župančič kommt. Und daß des Preußenkönigs Cellovirtuose „Dupo«t" genaimt wird, ist auch kein Malheur. Jeder bessere Cellist keimt Jean Pierre Duport, 1741-1818.

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