7114719-1996_11_07.jpg
Digital In Arbeit

Eine Reise zur Frage: Wann ist ein Mann ein Mann?

Werbung
Werbung
Werbung

Feminismus und Frauenbewegung haben in den letzten Jahrzehnten zu vielfachen Impulsen für ein Umdenken geführt. Es überrascht, daß den Selbstreflexionen der Frauen bisher von Männern so gut wie nichts Entsprechendes zur Seite gestellt worden ist.

Mit seinem Buch „Der wilde Mann - Geistliche Reden zur Männerbefreiung" wurde der amerikanische Franziskanerpater Richard Rohr im deutschen Sprachraum schlagartig berühmt. Der Vorreiter einer christlichen Männerbewegung konnte vom engagierten Rektor des Bildungshauses St. Georgen am Längsee, Hans Peter Premur, als Referent für eine „Männerwoche" gewonnen werden. Schon länger auf der Suche nach einem adäquaten Angebot für Männer war Premur von einer Begegnung mit Bichard Rohr im Vorjahr sehr begeistert.

„Mir gefällt, daß Rohrs Ansatz ein durchaus spiritueller ist", betont der Rektor, „von der Veranstaltung erwarte ich mir wichtige Impulse zur Männerselbstorientierung" und versichert, daß es bei der einen Woche zum Thema nicht bleiben soll.

Die bei den Naturvölkern gängigen Initiationsriten fehlen unserer westlichen Gesellschaft, befindet Rohr. Drei wichtige Erkenntnisse gewinnen die so ins Leben eingeführten jungen Männer: „Du bist nicht so wichtig, Du wirst sterben, das Leben ist hart."

Ohne diesen Ritus, der den Menschen in einen „Rahmen des Glaubens, des Sterbens und der Männlichkeit hineinstellt", wachsen die Burschen in einen anerzogenen Größenwahn hinein.

Eine Schlüsselrolle fällt hier den Vätern zu, die ihre Söhne durch gegenseitige Annahme, echtes Angerührtsein und vor allem durch ihre Präsenz erziehen könnten. Bei zu großer Abwesenheit oder Uninteres-siertheit der Väter ortet Volker Elis Pilgrim in „Muttersöhne" eine enge Mutterbeziehung gepaart mit überhöhter Machtanfälligkeit, er nahm Biographien von Napoleon bis Men-gele als Basis für seine Untersuchung.

Überkompensierte Männlichkeit verlockt Männer zu Gewalt, Brutalität und Pornographie, stellt Klaus Theweleit in seinem zweibändigen Werk „Männerphantasien" fest, der Berliner Männerforscher Walter Hollstein bemerkt ähnlich, „daß sich unechte Männer ins Männliche flüchten - Skins, die Angst einjagen, mögen wie wilde Männer wirken, sind jedoch Schreckensbilder einer zutiefst gestörten Männlichkeit".

Der Wiener Pastoraltheologe Paul Michael Zulehner ist einer der ersten, die sich in Österreich auf Männerstudien einlassen. In seiner empirischen Untersuchung über Österreichs Männer ist unter anderem belegt: „Je weniger gefestigt ein Mann in sich selbst ist, desto größer ist seine Angst vor Frauen. Und andererseits: Je sicherer ein Mann in seiner Männlichkeit ist, desto menschlicher ist er mit sich selbst, mit seinesgleichen und mit Frauen."

Wie ist er nun, der echte „wilde Mann"? Rohr möchte die Männer auf die „Reise" schicken, zunächst eine erste innere Reise meist durch Beziehungen zu Frauen: Mütter, Schwestern, Freundinnen, Ehefrauen sind für viele Männer die große Chance, ihrer „eigenen weiblichen" Seite näherzukommen. Bichard Rohr wählte den Begriff „wilder Mann", weil er witzig ist und provoziert. Die zweite Reise unterscheidet sich in mancher Hinsicht von der ersten: „Es geht um Energie und Kraft, die wir aufeinander ausstrahlen", beschreibt Rohr.

Wer bereit zum Neuaufbruch ist und von 15. bis 19. Juli 1996 die Männerwoche mitmachen, Richard Rohr und Gemeinschaft erleben und sich in zahlreichen Workshops ganzheitlich seinem Mannsein nähern möchte, kann sich noch bis 31. März anmelden. Telefon 04213/2046 und Fax 04213/2046/46.

Die Autorin ist

Journalistin in Villach

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung