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Digital In Arbeit

Feststellungen gegen vorgefaßte Meinungen

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Die neue Bildbiographie ist als Grundpfeiler für die Trakl- Forschung, der einen neuen Blick ermöglicht, anzusehen.

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Die neue Bildbiographie ist als Grundpfeiler für die Trakl- Forschung, der einen neuen Blick ermöglicht, anzusehen.

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Die Biographie eines Autors droht meist den Blick auf dessen Werk zu verstellen, anders jedoch verhält es sich bei der jetzt erschienenen Bildmonographie Georg Trakls, denn „die folgende Darstellung ist keine Lebensbeschreibung - wie ließe sich ein solches Leben auch ,beschreiben1? - sie ... will faßbare biographische Daten und Abläufe in einer überschaubaren Form vermitteln“. Als Motto für die längst fähige, Trakl-Biographie scheint das Schlagwort „Registrierende Feststellung“ Anspruch auf Gültigkeit zu erheben.

Der Verfasser, Hans Weichselbaum, Kustos der Trakl-Forschungsund Gedenkstätte in Salzburg, setzt seinem Band ein bescheidenes Ziel, nämlich die Aufforderung, Trakl neu zu lesen. Doch will er dazu nicht mit weiteren Interpretationen oder psychologischen Deutungen anregen, sondern legt einfach Fakten auf den Tisch. Anders als in der vor fast dreißig Jahren von Otto Basil herausgegebenen Rowohlt-Monographie, kann der Leser sein eigenes Trakl- Bild verschärfen.

Weichselbaum geht in der Darstellung sehr sparsam mit eigenem Urteil um. Keineswegs sparsam sind hingegen die zahlreichen Details, die unter anderem auch einen tiefen Einblick in die Familienchronik und auf die für Trakl wichtigen Begegnungen bieten. Seine Ambition liegt in erster Linie darin, vorgefaßte Meinungen und Irrtümer zu beseitigen. Erster Punkt mag da auch die korrekte Aussprache des Namens sein. So erfährt man, daß Trakls aus So- pron stammender Großvater, noch den Nachnamen „Trackl“ führte, was Weichselbaum als Grund angibt, „den Namen des Dichters mit einem kurzen a auszusprechen“.

Der Drogensucht des vielfach als „starker Trinker und Drogenessser“ bekannten Dichters geht Weichselbaum auf den Grund. Er sieht die Ursache dafür ebenso in schulischen Schwierigkeiten wie in Trakls „Neigung“ zur Selbstinszenierung. Doch nicht nur Drogenkonsum droht auch heute noch die Sicht auf Trakls literarische Arbeit zu verstellen, sondern ebenso das Verhältnis zu seiner jüngeren Schwester Grete. Gleich 60 mal glaubt Weichselbaum Grete im Werk des Dichters wiederzuerkennen, doch lehnt er es strikt ab, dies als Beweis für einen möglichen Inzest zu sehen. Weichselbaum, der gegen jegliche Spekulationen gefeit scheint, wartet mit einem bislang unbekannten Faktum auf, nämlich der Vormundschaft Trakls über seine Schwester Grete, die er nur dazu angenommen hat, um ihre Ehe mit Arthur Langen zu ermöglichen.

Leitmotivisch, quasi als roter Faden, wird der Bezug zu Trakls literarischen Arbeiten hergestellt, die ihm scheinbar unvereinbar mit seinem Beruf als Apotheker waren, bis zu seinem Eintritt in die Armee im 1. Weltkrieg als Medikamtenakzessist und zur Entstehung seines letzten Gedichts „Grodek“.

Nicht unerwähnt soll das Bildmaterial bleiben, das den Band, parallel zu Weichselbaums Kommentar, vom Leben des Dichters erzählt.

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