Gerhard Bronner - © Foto: Unsplash/Rob Laughter

Gerhard Bronner: "Meine Jahre mit Qualtinger"

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Die Jahrhundertbegabung und ihr Ghostwriter.

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In den "goldenen" fünfziger Jahren (die dann später gern als "restaurativ" eingeschätzt wurden) gab es nur zwei Kabaretts in Wien, die aber auf höchstem Niveau: den liebenswürdig-geistreichen Spötter Karl Farkas im "Simpl" und "den Qualtinger", der mit seiner Mannschaft in bescheidenen Unterkünften hauste, auch erste Auftritte im jungen Fernsehen hatte, im Herbst 1959 aber sein eigenes Haus, das "Neue Theater am Kärntnerthor" in der Nähe der Staatsoper beziehen konnte.

"Der Qualtinger ?" Der 130 Kilo schwere Mann, der sich in die verschiedensten stadtbekannten Persönlichkeiten verwandeln konnte, galt dem Publikum als Wortführer, als Textdichter, Regisseur und Hauptdarsteller in einem. Das war das Problem von Gerhard Bronner, und das hat ihn anscheinend nach mehr als vierzig Jahren veranlasst, ein Buch zu schreiben über jenes Kabarett, das bis heute wohl nur er und Louise Martini überlebt haben. Bronner nämlich war der Anführer, Bronner hat im Herbst 1959 das "Dachl überm Kopf" mit größten Anstrengungen zustande gebracht, Bronner hat die Musik komponiert und vor allem: er hat die meisten Texte geschrieben, aus denen bis heute zitiert wird: Den "G'schupften Ferdl" und den "Wilden mit seiner Maschin'", die Qualtinger buchstäblich auf den Leib geschrieben waren, den "Bundesbahnblues" und den "Jedermann-Kollapso", den "Arrivierziger" und die "Demelinerinnen", wie er auch später die Figur des Travnicek für seine Doppel-Conferencen mit Qualtinger erfand.

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Bronner hat die alten Texte nachgelesen. Sie sind viel weniger vom Zahn der Zeit angenagt, als man befürchten musste. Wer kann schon heute noch so mit Versen umgehen und jeder beschriebenen Person ihre Sprache zuteilen? Er hat zu jedem Text etwas aus der Entstehungszeit zu berichten und das ist manchmal noch spaßiger als der Urtext. Wie er etwa die "Demelinerinnen" mit ihren formvollendeten Manieren als Quartett auf die winzige Bühne brachte und eines Tages eine ganze Reihe der schwarzgekleideten Kellnerinnen vor sich sitzen sah, die sich davon überzeugen wollten, dass er diesmal nicht auf Polemik, sondern auf "nahezu ernstgemeinte Glorifizierung" aus war. Den Applaus nahmen sie artig entgegen, zusammen mit ihren Imitationen auf der Bühne. Bronner durfte sich später zum Dank von der Chefin das Geheimrezept der berühmten "Schinkenfleckerln" erbitten.

Keineswegs "glorifizierend" und auch noch aus heutiger Sicht ungerecht waren seine Polemiken gegen Karajan und den damaligen Burgtheaterdirektor Haeusserman. Aber ungerecht war ja auch Karl Kraus bisweilen.

Bronners größtes Leiden blieb bis heute Helmut Qualtinger, der sich "totgesoffen" hat. Die Beziehung war nicht mehr zu kitten. "Was uns von dieser Jahrhundertbegabung geblieben ist, das sind einige höchst mittelmäßige Filme, etliche Lieder, die ich für ihn schrieb - und der Herr Karl'. ... für eine Jahrhundertbegabung zu wenig." Aber Bronner musste auch sein jüngstes Buch schon im Titel seinem Dioskuren widmen. Es soll ja auch außerhalb Wiens verkäuflich sein. Und der Verlag hat den Namen QUALTINGER ganz fett auf den Umschlag gedruckt.

Meine Jahre mit Qualtinger - Meine Jahre mit Qualtinger - © Foto: Amalthea Verlag
© Foto: Amalthea Verlag
Buch

Meine Jahre mit Qualtinger

Anekdoten, Texte und Erinnerungen
von Gerhard Bronner
Amalthea Verlag 2003
272 Seiten, geb., € 18,40

Lothar Sträter

Der Autor ist freier Journalist.

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