Liebe.jp - © Foto: iStock/ Pranithan Chorruangsak

„Aristoteles und Dante springen in den Strudel des Lebens“: „Wenn wir Glück haben“

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In diesem Coming-of-Age-Roman von Benjamin Alire Sáenz steht über allem, bei aller jugendlichen Verzweiflung, eine große Zuversicht.

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In diesem Coming-of-Age-Roman von Benjamin Alire Sáenz steht über allem, bei aller jugendlichen Verzweiflung, eine große Zuversicht.

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Das Prinzip der Serialität ist in der Jugendliteratur durchaus populär, und die Gesetze des Markts empfehlen natürlich eine rasche Abfolge von Bänden. So ist es angenehm unkonventionell, wenn ein zweiter Band wie in diesem Fall stolze neun Jahre nach dem ersten erscheint – und dennoch quasi nahtlos an die Handlung des mittlerweile verfilmten ersten anschließt.

El Paso, Texas, Ende der 1980er Jahre. Dante Quintana und Aristoteles Mendoza, zwei junge Männer aus mexikanischen Familien, haben nach vielen Irrungen und Wirrungen erkannt, dass sie einander lieben und zusammen sein wollen. Ihre liebevollen Familien wissen das auch; ihr sonstiges Umfeld aber, in einer Gesellschaft, in der die Liebe zwischen zwei Männern eine Straftat und eine HIV-Diagnose ein medizinisches wie gesellschaftliches Todesurteil ist, (noch) nicht.

Das Hadern mit sich selbst wird wohl auch von den eigenen schmerzlichen Lebenserfahrungen des Autors grundiert. Obwohl das Thema einer der zentralen Handlungsstränge des Textes ist, ist der Umgang damit ein unaufgeregter und vor allem unvoyeuristischer: Verhandelt werden die Beziehung zueinander und das Überleben in einer zutiefst diskriminierenden Gesellschaft, nicht physische Details.

Erzählt wird der (auch ohne Kenntnis des Vorgängerbands gut lesbare) Jugendroman aus der Perspektive von Ari, durchsetzt mit Einträgen aus seinem Tagebuch, die sich in Briefform an Dante richten. Im Laufe ihres letzten Jahres an der Highschool gilt es für beide, zu klären, wohin ihr Lebensweg führen soll und ob darin für den anderen auch Platz ist.

Während in Coming-of-Age-Romanen die Herkunftsfamilie oft ausgeblendet wird, werden hier beide Familiensysteme mit ihren Verstrickungen sehr differenziert dargestellt: Ari kam als Nachzügler nach der Rückkehr seines Vaters aus dem Vietnamkrieg zur Welt, dieser Hintergrund belastet die Familie ebenso wie der ältere Bruder, der nach einem Mord im Gefängnis sitzt. Dante hingegen bekommt einen kleinen Bruder, der ebenfalls einen klingenden Namen tragen wird: Sophokles. Dieser Beginn eines Lebens kontrastiert ein anderes, das unerwartet und zu früh zu Ende geht. Dennoch steht über allem, bei aller jugendlichen Verzweiflung, eine große Zuversicht, die nicht zuletzt auch spirituell grundiert ist: „Wenn wir Glück haben. Wenn wir großes Glück haben, schickt uns das Universum die Menschen, die wir zum Überleben brauchen.“

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