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Prosa vom Gestern ins Heute

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Der 1901 verstorbenen Wienerin Ada Christen literarischer Rang schwankt wie ihre zwischenzeitliche Position: sie zählt nicht mehr zu Saar und zur Eschenbach, und ihre Vorstadtgeschichten, darunter die großartige „Jungfer Mutter“, sowie ihre bitterscharfen „Lieder einer Verlorenen“ und andere Gedichte weisen vorwärts auf die österreichische Arbeiterdichtung — die Verse „All euer girrendes Herzeleid / Tut lange nicht so weh / Wie Winterkälte im dünnen Kleid / Die bloßen Füße im Schnee“ könnten schon von Alfons Petzold sein. Der jüngste Auswahlband (aus Ostdeutschland!) „Das Haus zur Blauen Gans“ ist klug gesichtet und im Nachwort Gerhard Schneiders literarisch instruktiv. Möglich, daß die Dichterin noch einmal der drohenden Vergessenheit entrissen wird.

Die letzte Liebe einer leise alternden, von einer Todeskrankheit gezeichneten Frau zu einem jüngeren Mann aus der Wiener Vorstadt, einem sympathischen, fast seriösen „Strizzi“, ist der Inhalt der ergreifenden Tagebuchnovelle „Die Welt, die ich war“, in der gleichermaßen Form und Inhalt Kultur, Geschmack verraten.

Ben-Huir —Traum unserer Jugend, Bestseller in Buch und Film — hat eine Verlängerung (vom Tode Christi bis zum Untergang von Pompeji) erfahren. Das gewagte Unternehmen ist geglückt: an Roger Bourgeons „Ben Hur und sein Sohn“ sind Takt und Bewandertheit in christlicher

Urgeschichte und nicht zuletzt auch seine elegante Prosa zu rühmen.

Wie Felix Camanis „Glücklicher Winter“ geschickt die Klippen der „Heimatschnulze“ umschifft, erinnert irgendwie an Paul Keller. Er erzählt von der Liebe einer blutjungen Lehirerin zu einem schwerfälligen Bauernsohn und verzichtet auf ein Happy-End, was bei dem überschroffen Aufriß des Stadt-Land-Konfliktes auch nicht gut möglich wäre.

Vom Abenteuer in der Natur berichten Gerald Durells „Flüsterndes Land“, Erlebnisse eines Tierfängers in Patagonien und Argentinien, und die Erinnerungen eines — bittah scheen — ungarischen Grandseigneurs der edlen Waidkunst, Graf Csekonics' „Land der 363 Jagdtage“; im letzteren stören lediglich im Geleitwort banale Phrasen, wie „Gott in der freien Natur am nächsten“ und „der Wald die wahre Kirche“. Schwärmerei oder — „Plattschuß“?

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