Martin Walser - © FOTO: APA/DPA/FELIX KÄSTLE

"Martin Walser. Eine Biografie": Als wär's ein Stück von ihm

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Welche Biografie ist wohl zuverlässiger: Die aus großer Nähe oder die aus großem Abstand geschriebene? Die Frage stellt sich nicht mehr wirklich. Längst haben wir uns an die Vor- und Nachteile gewöhnt, die daraus entstehen, dass Biografien schon zu Lebzeiten des Delinquenten geschrieben werden. In der Regel versorgt dieser den Chronisten bereitwillig mit Schnurren und Schwänken aus seinem Leben, die getreulich zu Papier gebracht werden.

Als Jörg Magenau an der Biografie Martin Walsers schrieb, dürfte es sich kaum anders verhalten haben. Er tat es mit Unterstützung des Autors, was zunächst erstaunt. Hatte Walser nicht lange Zeit auf jegliche Art vorzeitiger Denkmalspflege "mit Porenverschluß" reagiert? Doch Walser überrascht uns seit geraumer Zeit immer wieder. Es interessiere ihn, äußerte er gegenüber Magenau, ob diese Lebenskurve nicht doch eine schwankende Gerade ergäbe. Und: Ein "gelüftetes Geheimnis" müsse diese Biografie sein.

Ein Großunternehmen

Genau dies trifft auf dieses 600- seitige Großunternehmen zu. Magenau ist ein von Walser Begeisterter, dessen Buch auf Gleichgesinnte zielt. Er hat ein Werk von 15.000 Seiten gelesen, er hat das Suhrkamp-Archiv bis zur letzten Telefonnotiz durchforstet. Und: er hat sich durch das gewaltige Medien-Echo des unfreiwilligen Skandallieferanten gequält. Allein die Walser-Bubis-Debatte zog eine 700-seitige Dokumentation nach sich. Der Roman "Tod eines Kritikers" wurde auf 300 Seiten von Germanisten auf seinen Antisemitismusverdacht hin abgeklopft.

Sich in dieser Stoff-Fülle freigeschwommen zu haben, verdient Respekt. Wie Bahnschranken, so Magenau, seien die Skandale vor Walsers Werk niedergegangen, das dahinter zu verschwinden drohte. Umso bemerkenswerter, dass es ihm gelungen ist, die Sicht auf ein Lebenswerk freizulegen, das allein deshalb schon bedeutend ist, weil es sich als eine Empfindungsgeschichte der Bundesrepublik liest.

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