7132342-1997_31_13.jpg
Digital In Arbeit

Von der Ungnade der frühen Geburt...

Werbung
Werbung
Werbung

Helene Rahms, 1918 in Köln geboren, maturierte 1937 und erfüllte sich in einer von Jahr zu Jahr heikler werdenden Epoche ihren Rerufswunsch: Journalistin. Sie wurde Volontärin in der „Saale Zeitung” und studierte Literatur und Kunstgeschichte. Mitten im Krieg wurde sie in die Redaktion der berüchtigten Wochenzeitung „Das Reich” aufgenommen, das Vorzeige- und Protektionsorgan des Propagandaministers Goebbels, wo die ambitionierte Jungjournalistin eine namhafte Kollegenschaft traf, darunter Karl Korn, Paul Fechter, Theodor Heuss und Elisabeth Noelle-Neumann.

Helene Rahms nennt ihre Memoiren „Zwischen den Zeilen - Mein Leben als Journalistin im Dritten Reich”, beschränkt sich also auf die

Jahre 1937 bis 1945. Nach dem Krieg wurde sie Redakteurin der Hamburger „Welt”, schließlich für 25 Jahre bei der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung”, für die sie nach ihrer Pensionierung Fachartikel schreibt.

Nach dem Ende des Reichs war es nicht von Vorteil, für „Das Reich” als Redaktionsmitglied tätig gewesen zu sein. Doch war Helene Rahms dort als „kriegsverpflichtet” eingestellt worden. Die Verfasserin verliert kein Wort über-die Nachkriegszeit und die politischen Hürden, die zu nehmen waren, beginnt aber das „Vorwort” mit einem diesbezüglich treffenden Zitat aus „Zahme Xenien” von Goethe:

Wohl kamst Du durch, so ging es allenfalls; mach's einer nach, und breche nicht den Hals. Allerdings hatte sie sich dem Goebbels-Rlatt selbst angedient, indem sie ungebeten ein Feuilleton einsandte, das ohne weiteres angenommen wurde. Zumal nach der amtlich verfügten Einstellung der „Frankfurter Zeitung” bekanntlich konservative Journalisten (beispielsweise Erik G. Wickenburg) ungefragt in „Das Reich” versetzt wurden. Elisabeth Noelle-Neumann allerdings verließ die Redaktion, nachdem sie gerügt worden war: Als Amerikakennerin, die beim Gallupinstitut studiert hatte, verfaßte sie ein sachliches Charakterbild Eleanor Roosevelts, statt der von oben gewünschten Karikatur der Präsidentengattin.

Noch während des Krieges heiratete Helene Rahms einen Ritterkreuzträger der ersten Stunde, der nicht mehr frontdiensttauglich war, und bekam das erste ihrer drei Kinder.

Sie und die von ihr in Retracht gezogenen Kollegen waren nicht gerade aktive Widerstandskämpfer, aber durch ihren Reruf weit besser informiert als der Durchschnittsbürger und es widerstand ihnen, falls sie keine Fanatiker wie Goebbels waren, die Unwahrheit zu schreiben. Die Wahrheit offen kundzutun war aber lebensgefährlich. Also ließen sie „zwischen den Zeilen” das Märchenhafte der obrigkeitlichen Rehauptungen durchblicken.

Helene Rahms versucht zu demonstrieren, „wie Ehrgeiz und Neugier, charakteristische Eigenschaften der Journalistin, in die Verstrickung mit Interessen des Regimes führen konnten”.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung