Im Keller des Käferpoeten

Werbung
Werbung
Werbung

In "Der Schnitt durch die Kehle oder die Auferstehung des Adalbert Stifter" zeigt Kurt Palm Einblicke in die Abgründe des oberösterreichischen Dichters.

Ein langweiliger, spießiger, biedermeierlicher Blumen- und Käferpoet: So beschreibt Kurt Palm das gängige Image von Adalbert Stifter. Dass der oberösterreichische Schriftsteller in Wahrheit einen Hang zum Exzessiven, Pathologischen und Abgründigen gehabt habe, das will der Erfinder der "Nette Leit' Show" in seinem jüngsten Film beweisen. "Der Schnitt durch die Kehle oder Die Auferstehung des Adalbert Stifter" ist ein schräger, witziger, respektloser und zugleich höchst informativer Dokumentarfilm. Dass es sich dabei um eine Low-Budget-Produktion handelt, wurde durch Originalität, nette Animationen in Monty Python-Manier und einen wunderbaren Soundtrack (Chrono Popp!) glänzend kompensiert.

Palm selbst führt als eine Art "Marcel Prawy der MTV-Generation" (© Ö1) an Originalschauplätzen in Österreich, Böhmen, Bayern und Italien durch das Leben des Schriftstellers - und hebt dabei das Abgründige hervor: Stifters Fresssucht, seinen Alkoholismus, seinen Zahlenfetischismus, den Selbstmord der Ziehtochter und schließlich des Schriftstellers eigenes Ableben. Zu Wort kommen neben dem Palm-Weggefährten Hermes Phettberg auch die Stifter-Experten Hans Höller und Johann Lachinger sowie der Pathologe Hans Bankl, der drastisch demonstriert, wie Stifter versucht hat, sich das Leben zu nehmen. Die Szene gab dem Film wohl seinen Titel.

Dass nicht nur Stifters Leben, sondern auch sein literarisches Werk voller Abgründe steckt, bleibt freilich eine Behauptung. Zitate aus "Ein Gang durch die Katakomben", wo Stifter einen schauerlichen Marsch durch die Kellergewölbe des Wiener Stephansdomes beschreibt oder aus "Nachkommenschaft", wo er sich mit dem Verhältnis zwischen Kunst und Wirklichkeit auseinandersetzt, belegen, dass Stifter nicht ausschließlich der Langweiler war, als der er Gymnasiastengeneration für Gymnasiastengeneration verhasst war. Allerdings gelten die genannten als Nebenwerke. Um Stifters Hauptwerk "Der Nachsommer" hingegen macht Palm einen Bogen. Und zu "Witiko", bekennt er offen, habe er bislang noch keinen Zugang gefunden.

DER SCHNITT DURCH DIE KEHLE ODER DIE AUFERSTEHUNG DES ADALBERT STIFTER

Ö 2004. Regie: Kurt Palm.

Mit Kurt Palm, Karl Ferdinand Kratzl, Hermes Phettberg. Musik: Chrono Popp.

Verleih: Filmladen. 80 Min.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung