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Ein Jahr fur Stifter

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Linz hat ein Brucknerhaus bekommen, und die Akustik ist gut. Ein solches Gebäude muß durch Aktivitäten ausgefüllt werden, Ka-rajan wird hier mit den Berliner Philharmonikern im Juni konzertieren. Das Jahr 1978 soll aber auch Adalbert Stifter gewidmet sein, der hier in Linz vor 110 Jahren gestorben ist Vom 27. bis 29. September wird hier ein Stifter-Fest stattfinden, Stifters Malereien werden ausgestellt werden, und Stifter-Forscher aus Deutschland, Polen und England sind zu einem Symposium eingeladen worden. Es ist zu hoffen, daß auch Wissenschaftler aus der CSSR kommen, wo die meisten Manuskripte in der Universitätsbibliothek liegen, seit Professor Sauer in Prag seine Stifter-Forschungen beendet hat Auch aus Japan und den USA werden Gäste erwartet.

Viele Menschen wollen Näheres über die vielen Vereinigungen wissen, die Stifters Namen tragen. Der Münchner Verein ist ein Künstlerverein aus dem böhmischen Raum, der den Maler Adalbert Stifter als Patron führt. Das Linzer Forschungsinstitut mit einer musealen Sammlung im Wohnhaus Adalbert Stifters in der Landeshauptstadt gibt vierteljährlich eine Quartalszeitschrift heraus. Das Institut wird vom Land Oberösterreich getragen. In Wien besteht eine Musealsammlung im Hause auf der Schottenbastei, wo auch Beethoven-Erinnerungen wachgehalten werden. Außer dem reichen Stifter-Archiv in Prag gibt es noch eine Gedenkstube im Geburtsort Oberplan.

1978 jährt sich zum hundertsten Male der Todestag des ersten Stifter-Verlegers Gustav Hackenasts. 1978 soll auch ein Führer durch das Stifter-Haus auf der Unteren Donaulände in Linz erscheinen. Da beim Kohlhammer-Verlag eine historisch-kritische Gesamtausgabe „Stifter, Werke und Briefe“ erscheinen wird, verspricht das Jahr 1978 ein wahres Stifter-Jahr zu werden.

In diesem Zusammenhang wehrt sich auch der in Frankreich lehrende, aus Brünn gebürtige Literarhistoriker Milan Kundera dagegen, Stifter als „osteuropäischen“ Schriftsteller zu bezeichnen. Stifter wie Bo2ena Nemcova sind typische Vertreter mitteleuropäischer Literatur. Beide haben in ihrem Werk die Grenzen ihrer im böhmischen Raum wurzelnden Heimat durchbrochen, wie Franz Kafka das Stadtleben des Prager Kessels, aus dem seine Seele herauswollte. Auch viele andere Autoren des Prager Kreises, wie Rilke, Mey-rinck, Werfel, Kisch sind weg aus Prag, über die Böhmerwald-Grenze. Heute werden tschechische Autoren von der eigenen Regierung gezwungen, diesen Weg zu gehen ...

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