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Nicht nur Raritäten

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Kabarett der Würfel: Es war nicht zu erwarten, daß Herwig Seeböck seiner grandiosen „Häfen-Elegie“ von „einst“ ein zweites, gleichwertiges Programm folgen lassen könnte. Er konnte. „Herwig See-böcks Raritäten-Kabinett“ heißt es, und nur Blindheit oder eine leidige Mentalität, die sich immer auf Kosten des Gegenwärtigen zur sentimentalen Verklärung der Vergangenheit aufrafft, wäre imstande, dabei über einen „Leistungsabfall“ zu raunzen. Tatsächlich ist Seeböck nämlich neben Qualtinger der größte Könner seines Faches, den man in den letzten Jahren in Wien agieren gesehen hat. Seine „kabarettistisch-satirische Trilogie“ ist diesmal weniger aggressiv und hintergründig, mehr versponnen, skurril und unwahrscheinlich komisch. Und so gut, daß man ihm deutliche Vorbilder Verzeiht, die man bei anderen als allzu deutlich empfinden würde („Der Ober Franz“), daß man über Gags lacht, bei denen man anderwärts Gewissensbisse hätte („Stinkbombenattentat“), daß man auch Längen hinnimmt, die einem sonst wahrscheinlich auf die Nerven gingen („Fahrdienstleiter Smafts“). — Gerhard Dorfers Regie verhinderte nicht den Erfolg. Einen idealen Hintergrund boten die Bühnenbilder von Jean Veenenbos.

Nestroy-Theater: Mit einer im allgemeinen ganz passablen Aufführung von Nestroys „Mädel aus der Vorstadt“ unter der Regie von Leo Neustifter (auch die Schauspieler waren diesmal besser, besonders Gerhard Hubalik und Robert Sterbik; außerdem das Bühnenbild von E. G. Tairych) wurde hier das Plansoll für die Spielzeit 1966/67 erfüllt. Das Resümee ist ein eher trauriges. Nicht einmal die an sich erfreuliche Tatsache einer gelungenen Abschlußinszenierung vermag darüber hinwegzutrösten, daß eine theoretisch so begrüßenswerte Institution wie das Nestroy-Theater praktisch so viele Chancen vertan und so wenige Möglichkeiten genützt hat. Der Spielplan müßte einfach besser sein. Kein Mensch glaubt, wie man es einem am aufgepfropften Ende vom „Mädel“ pseudomoralisie-rend einreden will, daß Nestroy „veraltete“ Stücke geschrieben hat. Man darf nur nicht immer die gleichen spielen — zum Beispiel „Das Mädel aus der Vorstadt“ ..

Dramatisches Studio: Hier gab man in einem Anfall von Größenwahn Shakespeares „Sommernachtstraum“. Es sei verschwiegen, wer aller an diesem Selbstmörderkranz mitgeflochten hat. Nach dem vierten Aufzug bin ich weggegangen. Genau vier Aufzüge zu spät...

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