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Der Sieg und die Christen

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Nur selten findet man in meisterhafter Kürze und Sprachgewandtheit soviel gehaltvolle Meditationen über den Sinn des Lebens wie in Colerus-Gelderns nun veröffentlichten Radiopredigten. Diese sind Ge-wissenserforschung, zugleich ein universeller Menschenspiegel, der die Seelen erbarmungslos enthüllt in allen Schwächen, wie sie zur Zeit als die bedeutendste Verkörperung aufdringlich zutage treten. Niemand bleibt verschont, nicht die Erwachsenen und die Jungen, nicht die reichen Prasser und die gottlosen Egoisten, alle irren im „Labyrinth“ der Menschheit umher und Skepsis befällt den sich noch auf höhere Werte Besinnenden. Der Autor gibt keine Rezepte für ein irdisches Paradies, aber einen lebensphiioso-phischen Wegweiser aus christlicher Schau, wie mit gläubiger Liebe gegen die Niedertracht unserer Tage angekämpft, wie auf diesem Wege auch die Armut gesteuert werden könnte. Der einem Gedanken Rein-hold Schneiders entlehnte Buchtitel verleitet zu Überlegungen über den Sieg, wie ihn die Polarität der Schöpfung kennt, sollen nicht Unglauben, Laster, Unrecht und das Niedrige über alle Tugenden triumphieren. „Vaterland, Religion, Kunst und Kultur“ (S. 68) würde eine Welt ohne Sieg nicht kennen, der nicht immer ein Sieg der Waffen sein muß. Der Friede kann sicherlich auch unblutig gewonnen und erhalten werden, sobald er sich aber der Waffen bedient, braucht er Menschen, die für die Existenz ihrer vom Feind bedrohten Mitmenschen ihr Leben hergeben — aus Nächstenliebe und Eidespflicht. Zum Verstehen dieser Friedensbringer, die durch Jahrtausende in unübersehbaren Massen das denkbar größte Opfer gebracht haben und die der Zeitgeist zu verleugnen oft sich anschickt, vermißt der Leser ein paar Worte dankbaren Mitgefühls. Dieser Einwand am Rande vermag aber den außerordentlichen Wert der so wohlgelungenen Schrift nicht zu schmälern.

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