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Unser Magen ist überreizt und irritiert

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Wie wirkt sich moderne Ernährung auf die zweite große Etappe, den Magen, aus? Um es kurz zusammenzufassen: Sie führt zu einer meljr oder weniger intensiven Reizung der Magen-wände, die eine Reihe von Krankheiten nach sich ziehen kann.

Wie kommt das? Auch der Magen ist ursprünglich für eine relativ grobe Kost „konstruiert” worden. Die Folgen der zunehmenden Verfeinerung der Nahrung können am Zucker exemplarisch dargestellt werden. Zucker ist das konzentrierteste aller Nahrungsmittel. Er ist das Endprodukt einer industriellen Fabrikation, wobei die gesamte Energie einer Pflanze (zum Beispiel einer Zuckerrübe) konzentriert und alle Faser- und Ballaststoffe, aber auch alle Mineralien und Vitamine beseitigt wurden. Eine Zuckerrübe wird so auf wenige Prozent ihrer Ausgangsmasse verdichtet.

Was bewirkt nun Zucker in Ihrem Körper? Süße Speisen lösen eine übertriebene Verdauungsreaktion aus, wie Sie aus eigener Erfahrung wissen: Wenn Sie ein Stück Zucker (zum Beispiel Schokolade, Praline) in die Hand nehmen, so spüren sie schnell die einsetzende Speichelsekretion im Mund. Der Körper reagiert bereits beim Anblick mit massiver Verdauungsleistung. Wie ist das zu erklären? Zucker ist doch bereits vollständig verdaut. Er kann direkt und ohne jede Weiterverarbeitung vom Blut aufgenommen werden. Biologisch ist die heftige Produktion von Verdauungssäften unsinnig. Die übertriebene Reaktion des Körpers wird jedoch sinnfällig, wenn Sie sich vorstellen, daß eine Tafel Schokolade aus einer etwa zwei Kilogramm schweren Zuckerrübe hergestellt wurde. Und fast die gesamte Entwicklungsgeschichte würde das Konzentrat „Zucker” nur in Verbindung mit solchen - schwer verdaulichen - Fasermengen aufgenommen (beispielsweise mit Zuckerrüben oder süßem Obst). Für die harten Zellbestandteile mußten solch große Speichelmengen produziert werden, sonst hätte der Körper den Zucker nicht verdauen können. Der Körper reagiert also heute immer noch so, als müsse er den Zucker aus einer großen Ballaststoffmenge herauslösen. Zu kurz war die Zeit für eine Umstellung.

Im Magen sieht das keineswegs anders aus, nur spürt und sieht man es dort nicht. Dort werden Salzsäure und Enzyme in großer Menge produziert, um die erwarteten Faserstoffe zu verdauen, die leider nicht kommen. Nur wenn Sie einen gereizten Magen, zum Beispiel Gastritits, oder ein Magengeschwür haben, können sie die überschießende Säurebildung feststellen. Kaum daß Sie etwas Süßes gegessen haben, setzen auch schon die Schmerzen ein.

...Schließlich kommen auch seelische Faktoren hinzu. Der Magen ist eng an das vegetative Nervensystem angebunden. Seine Verdauungstätigkeit funktioniert am besten, wenn sich der übrige Körper in einem ausgeglichenen Ruhezustand befindet. Äußere Bedrohung - und sei sie auch nur gefühlsmäßig -wirkt sich verheerend auf die Tätigkeit des Magens aus.

Aus: Krank im Schlaraffenland

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