6633614-1957_01_08.jpg
Digital In Arbeit

Das Schutznahrungsmittel Nr. 1

Werbung
Werbung
Werbung

Der Unrast des modernen Lebens und den mit ihm verbundenen Gefahren verschiedenster Art, dem Pessimismus, dem wir allenthalben begegnen, und der häufig zur Schau getragenen Gleichgültigkeit in wichtigen Belangen zur Selbsterhaltung steht ein unbändiger Wille zum Dasein gegenüber. Das Merkwürdige dabei ist eine nachgerade hektische Furcht vor allen möglichen Dingen, die unserer Gesundheit schaden könnten, zugleich aber eine große Unentschlossenheit, alte Gewohnheiten aufzugeben und sich besonders in Sachen der Ernährung und Hygiene neuen Erkenntnissen anzupassen. Dazu kommt die sensationelle Berichterstattung über schwere Schäden, die durch den Genuß bestimmter Nahrungsmittel für Leben und Gesundheit entstehen könnten, so daß sich mancher Leser fragt, was man denn noch essen dürfe und was nicht. So wird oft gerade das verunglimpft, was gesundheitlich besonders wertvoll ist, wenn man davon den richtigen Gebrauch macht. Das gilt insbesondere für die Milch, über die in der letzten Zeit vielfache Diskussionen entfacht wurden.

Die Erfahrungen der Welternährungsorganisation (FAO) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sowie zahlreicher praktischer Aerzte in aller Welt über Verbesserungen des Gesundheitszustandes von Kindern und Erwachsenen durch Darbietung von.Milch und Milchprodukten finden immer wieder neue Bestätigungen durch wissenschaftliche Erkenntnisse über das harmonische Gefüge der Milchnährstoffe, die durch ausgeglichene Mengen zahlreicher Wirkstoffe eine wesentliche Bereicherung erfahren. Hiernach kann die Milch als das Schutznahrungsmittel mit breitestem Wirkungsspektrum und als Sinnbild biologischer Oekonomie bezeichnet werden. Die Wirkstoffe der Milch bilden unter sich eine besonders glückliche Gruppierung, in Welcher die einzelnen Bestandteile durch harmonisches Ineinandergreifen die zweckmäßige Verwertung der Hauptnährstoffe begünstigen und auf diese Weise den im Körper selbst befindlichen Einrichtungen zur Nahrungsverwertung die geringste Belastung schaffen. Für das Kleinkind und den Greis ist die Milch häufig eine ausreichende Ernährungsbasis, die sich aber auch für alle anderen Lebensalter als ökonomische Gesundheits- und Kraftquelle erweist.

Von mangelhaft unterrichteter Seite wird öfter behauptet, daß wichtige Nahrungsbestandteile der Milch durch die bei der Pasteurisierung angewandten Temperaturen geschädigt werden. Diesen Auffassungen steht die große Zahl jener Erfahrungen und Untersuchungen gegenüber, durch die einwandfrei klargestellt wuide, daß sich bei der menschlichen Ernährung keinerlei Unterschiede im Nähreffekt von Frischmilch beziehungsweise pasteurisierter Milch ergeben und daß,von sämtlichen ln . der;. Milch - enthaltene Wirkstoffen nur die Vitamine B l und C geringfügige Einbußen durch die heute allgemein übliche Kurzpasteurisierung erleiden. Diese Verluste kommen deshalb praktisch überhaupt nicht zur Auswirkung da in der Milch an sich nur geringe Anteile an den genannten Vitaminen vorkommen und für Vitamin B 1 in hochwertigen Getreideprodukten, Kartoffeln und Gemüse, für Vitamin C in Frischgemüse und Obst reichliche Quellen zur Verfügung stehen.

In diesem Zusammenhang muß auf die hohe Bedeutung von Milcheiweiß für die menschliche Ernährung hingewiesen werden. Unter sämtlichen Eiweißarten besitzt das an lebenswichtigen Aminosäuren (Eiweißbausteinen) besonders reichhaltige Milcheiweiß den hervorragendsten biologischen Wert, sowohl was den Neuaufbau von Zellen und Geweben als auch die Aufrechterhaltung des Stoffwechsels in allen Organen betrifft. Durch neue Forschungen wurde bekannt, daß Milcheiweiß auch zur Verwertung der Mineralstoffe, vor allem Kalk, wesentlich beiträgt.

Das Milcheiweiß zeichnet sich durch seinen niedrigen, unter der Körpertemperatur des Menschen liegenden Schmelzbereich sowie durch seinen Reichtum an fettlöslichen Vitalstoffen aus, von denen die Vitamine A, D, E, F, K und der Nervenaufbaustoff Lecithin das größte Interesse beanspruchen. Der Lecithinanteil in der Milch (0,24 bis 0,48 Prozent) ist 20- bis 40mal höher als der Gehalt an Cholesterin (durchschnittlich 0,012 Prozent).

Es wird auch oft in sensationeller Weise auf angebliche Schäden hingewiesen, die durch den Genuß tierischer Nahrungsmittel, unter anderen auch der Milch und Milchprodukte, infolge ihres mehr oder minder hohen Gehaltes an Cholesterin im menschlichen Körper entstehen könnten. Nun ist aber Cholesterin ein für alle Zellen und Organe lebenswichtiger, fettartiger Stoff, der in den Geweben des menschlichen Körpers stets vorhanden ist und nur im Falle krankhafter Ablagerungen in den Wänden der Blutgefäße in Erscheinung tritt. Wie unbegründet die Hinweise auf angeblich ungünstige Wirkungen cholesterinhaltiger Nahrungsmittel sind, ergibt sich aus folgender Ueberlegung: Die Menge der von der normalen Leber über die Galle täglich abgegebenen Cholesterinmenge kann mit etwa 10 Gramm angenommen werden. Daß der Körper dieses Cholesterin selbst aufzubauen vermag, ergibt sich daraus, daß eine solche Eigenproduktion auch ohne jede Zufuhr von außen, also bei völlig vegetarischer Kost, stattfindet. Demgegenüber sind in 1 Liter Milch nur 120 Milligramm, in 100 g Butter 240 Milligramm und in 100 g Käse durchschnittlich 140 Milligramm Cholesterin enthalten. Würde jemand diese ansehnliche Menge von Milch und Milchprodukten verzehren, so würde er damit rund 500 Milligramm, das heißt ein halbes Gramm Cholesterin aufneh- tnen, was nur einem Zwanzigstel der oben genannten, durch Eigenproduktion im Körper gebildeten Cholesterinmenge entspräche.

Auf die Dauer sind rein pflanzliche, also cholesterinfreie Kostformen schon deshalb nicht zu empfehlen, weil sie zu wenig hochwertiges Eiweiß und überhaupt kein Vitamin B 12 zuführen, das für die Bluterneuerung wesentlich ist. Für die älteren Menschen ist zur Erhaltung der Knochenfestigkeit besonders der hohe Gehalt der Milch an leicht verwertbarem Kalk von hoher Bedeutung. Völlig abwegig wäre es auch zu behaupten, daß Cholesterin die Ursache der sogenannten Managerkrankheit bildet. Beim Internationalen Arteriosklerose-Kongreß in Basel (8. bis 10. August 1956) wurde von maßgebender Seite betont, daß Schädigungen der Arterienwände schon in der Jugend durch übertriebene sportliche Anstrengung stattfinden können. Ein von Jugend an richtig ernährtes Gefäßsystem bildet eine wichtige Voraussetzung für die normale Funktion der Arterien auch im höheren Alter. Zur bestmöglichen Ernährung sämtlicher Organe des Körpers ist die Anwesenheit aller lebenswichtigen Nähr- und Wirkstoffe in den natürlichen Verhältnissen unserer Schutznahrungsmittel erforderlich. Diese sind vor allem die Produkte aus dem ganzen Getreidekern, ferner Gemüse und Obst, sowie die hochwertigen Eiweißquellen, unter denen die Milch die wichtigstev Sfeileeinnimmt.

V .Welche, Unsummen technischer Neuerungen ‘{ brachten utis dbctf ijie . vergangenen Jahre und Ihre erhöhten iŽeitgefahren! Die Vielzahl neuartiger Heilmittel reicht nicht aus, um den Menschen, vor Aufbrauchkrankheiten wie Magen-, Darmleiden, Leberschäden, Herz- und s Kreislaufstöttingen, Rheumatismus und der weit- 1 verbreiteten Zahnkaries. zu schützen. Eines der wichtigsten Mittel zur Stärkung der inneren Widerstandskraft ist eine zweckmäßige Ernährung, die gleichzeitig alle für den Bestand des Körpers und seine vielseitigen Aufgaben notwendigen Nährstoffe nebst den zu seinem Schutz erforderlichen Wirkstoffen in natürlich ausgeglichenen Mengen zuführt. Im modernen Gesundheitsgebäude nehmen daher diejenigen Nahrungsmittel einen’ bevorzugten Platz ein, die außer lebenswichtigen Nährstoffen auch die zum Schutz des Körpers unentbehrlichen Wirkstoffe in bester Verteilung enthalten. Unter diesen ,,Schutznahrungsmitteln” ist es die Milch, die man als einen der wichtigsten Baustoffe für unsere Gesundheit erkannt hat, man darf sie daher mit Recht als Schutznahrungsmittel Nr. 1 bezeichnen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung