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Körndln gegen Kaiserschmarrn

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Herr und Frau Österreicher lieben zwar Altbewährtes aus Mutters Küche, doch das Gesundheitsbewußtsein macht sich verstärkt auch beim Essen und Trinken bemerkbar. Dies ist ein Ergebnis einer erst kürzlich durchgeführten IMAS-Umfrage. Fraglich ist zweierlei: Ernähren sich die Leute wirklich so, wie sie behaupten (die verfügbaren Absatzzahlen sprechen eher dagegen), und zweitens ist unklar, was der durchschnittliche Konsument unter alternativer Ernährung versteht.

Die Vertreter der „klassischen Ernährungslehre“ haben heute oft einen schweren Stand, empfehlen sie doch etwas so wenig Spektakuläres wie die „ausgewogene Mischkost“. Darunter verstehen sie eine abwechslungsreiche Zusammenstellung von Gemüse, Obst, Brot und Backwaren, Fleisch, Fisch, Eiern, Milch und allem, was daraus gemacht wird. Die empfohlene Abwechslung stellt nicht nur den Gaumen und das Auge zufrieden, sondern sichert auch die ausreichende Nährstoffversorgung des Menschen.

Aber das, was empfohlen wird, wird in der Praxis nicht eingehalten: es wird zu viel, zu fett, zu salzig, zu süß gegessen und zuviel Alkohol getrunken. Das begünstigt die Entstehung von Ubergewicht und anderen Erkrankungen. 32 Prozent der Männer und 45 Prozent der Frauen in Österreich fühlen sich übergewichtig und würden gerne abnehmen, so die Studie.

Auf der anderen Seite der Ernährungsszene steht die heterogene Gruppe der Anhänger alternativer Ernährung. So vielfältig ihre Regeln auch sein mögen, einige Grundsätze sind ihnen gemeinsam: sie bevorzugen pflanzliche Produkte (unter anderem Soja), schränken den Verzehr von Fleisch und anderen tierischen Lebensmitteln ein und legen Wert auf die naturbelassene Zubereitung und auf „Bio-Lebensmittel“.

Darunter versteht man heute Lebensmittel, die im sogenannten alternativen Landbau, das heißt unter Verzicht auf leicht lösliche

Mineraldünger und chemischsynthetische Pflanzenschutzmittel erzeugt werden. Sie sind, wenn man sie im Reformgeschäft kauft, etwa 30 Prozent teurer. Allerdings konnte in zahlreichen Untersuchungen ihr Anspruch auf eine bessere Qualität bezüglich Geruch, Geschmack und Inhaltsstoffen nicht bewiesen werden.

Mit alternativen Ernährungsformen sollen unter anderem die Gesundheit optimal gewahrt und die wichtigsten sogenannten Zivilisationskrankheiten (zum Beispiel Diabetes, Gicht, Bluthochdruck, erhöhte Blutfette) verhütet werden.

Meist wird ein Widerspruch konstruiert zwischen der sogenannten „klassischen“ und der alternativen Ernährung. Wenn man genauer hinsieht, läßt er sich vom Standpunkt der Ernährungslehre nur schlecht begründen, denn die grundlegenden Empfehlungen sind gleich:

• Stärkere Einplanung von pflanzlichen Lebensmitteln in den Speiseplan und Einschränkung von tierischen Lebensmitteln

Mit einer ausgewogenen Mischung von tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln sichert man neben einem abwechslungsreichen Speisezettel auch eine optimale Eiweißversorgung. Vollkornprodukte, Obst und Gemüse, auch roh verarbeitet, liefern lebensnotwendige Vitamine und Mineralstoffe sowie die für die

Darmfunktion wichtigen Ballaststoffe.

Außerdem enthalten sie meist weniger Fett als tierische Lebensmittel und sind auch deshalb empfehlenswert, denn Fett bringt je Gramm am meisten Kalorien von allen Nährstoffen, und unser Fettkonsum ist im allgemeinen zu hoch.

Diese Empfehlung läßt sich das ganze Jahr über mit heimischen Lebensmitteln aus dem normalen Angebot des Handels abdecken. Allein der Einkauf im Bioladen macht noch keine gesunde Ernährung. „Alternative“ Lebensmittel, wie zum Beispiel Sojaprodukte, Getreidekeirnlinge, vegetarische Brotaufstriche, können zwar verwendet werden, notwendig sind sie für eine gesunde Ernährung nicht.

• Alkohol einschränken

Er ist nach Fett der größte Kalorienlieferant und belastet die Energiebilanz oft erheblich: etwa einen Monat im Jahr lebt der Durchschnittsösterreicher von Alkohol. Im Ubermaß genossen, kann er zudem Leberschäden begünstigen.

• Zucker nur mäßig konsumieren

Auch der Zuckerkonsum ist, im Durchschnitt betrachtet, für unsere Energiebilanz zu hoch. Krankheiten entstehen durch die üblicherweise genossenen Mengen nicht, zusammen mit anderen Faktoren begünstigt der Zucker aber die Entstehung von Karies. Keine Lösung ist es aber, auf Honig oder braunen Zucker auszuweichen.

• Salz nur sparsam verwenden

Der Salzbedarf hegt bei etwa 3 Gramm pro Tag, dem steht ein Konsum von 10 bis 15 Gramm gegenüber. Da es einen Zusammenhang zwischen viel Salz in der Kost und der hohen Rate des Bluthochdrucks zu geben scheint, sollte nur sparsam gesalzen werden. Kräuter und Gewürze sind besser und schmackhafter.

Körndln oder Kaiserschmarrn ist nicht die Frage in einer ausgewogenen Ernährung. Es ist Platz für beides, wenn man die Ernährung etwas umstellt. Als grundlegende Empfehlung bleibt wieder etwas wenig Spektakuläres: Alles in Maßen!

Die Autorin ist Ernährungswissenschaftlerin und Mitarbeiterin der Gesellschaft für zeitgemäße Ernährung.

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