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Da müßte Gott „abdanken”

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„Der runde Tisch” in der „Zeit im Bild 2” des ORF am 7. Juni zum Rücktritt des St. Pöltener Dompfarrers Johannes Oppolzer löste heiße Debatten aus. Die FURCHE versucht aufzuzeigen, warum.

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„Der runde Tisch” in der „Zeit im Bild 2” des ORF am 7. Juni zum Rücktritt des St. Pöltener Dompfarrers Johannes Oppolzer löste heiße Debatten aus. Die FURCHE versucht aufzuzeigen, warum.

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Das von Elmar Oberhauser moderierte Gespräch begann mit „Kleinkram”, wie es Bischof Kurt Krenn nannte. Prälat Oppolzer begründete seinen Rücktritt mit tiefgreifenden

Unterschieden im Kirchenbild. Das Zusteuern auf eine „Kleruskirche” -für alle leitenden Posten, ob im Bauamt, in der Finanzkammer oder in der Caritas, seien Priester vorgesehen (was Krenn bestätigte und damit begründete, daß Priester „manches besser” verstünden) - entspreche nicht dem Kirchenbild des Konzils. Wenn er sich die voraussichtliche Entwicklung der nächsten zehn Jahre ansehe - etwa das sinkende Interesse am Beruf des Religionslehrers -, wolle er, Oppolzer, da nicht im obersten Gremium (Domkapitel) dabei sein.

Obwohl viel von der Wahrheit die Rede war, bemerkten Hellhörige auch offenkundige Unwahrheiten. Wenn Krenn den Dompfarrer des Fehlens bei wichtigen Domkapitel-Sitzungen bezichtigte und dem Direktor des Religionspädagogischen Instituts (RPI), Franz Schmatz, vorwarf, sich nie bei ihm gemeldet oder um ein Gespräch angesucht zu haben, beide diese Vorwürfe aber heftig bestreiten, muß hier jemand irren oder lügen. Für Schmatz, der seinen Rücktritt erwogen und von „Zensur” gesprochen hatte (Krenn hat mehrere vom RPI vorgeschlagene Referenten abgelehnt und von Schmatz verlangt, er müsse eigene Vorträge vorher dem Bischof vorlegen), fand Krenn vor der Kamera die Titel „Schmerzensmann vom Dienst” und „Märtyrer aus Privatfleiß”.

Was müßte passieren, daß...

Oppolzer kritisierte vor allem das Amtsverständnis des Bischofs („Die Diözese bin ich”). Krenn erwiderte, er als Bischof sei eben Fundament der Einheit, müsse die Wahrheit notfalls allein vertreten und sei bereit, für diese Wahrheit zu sterben. Als Moderator Oberhauser Lob des Pfarrgemeinderates der Dompfarre fürOppolzer verlas, meinte Krenn, er könne über den Dompfarrer Ähnliches sagen und fügte an: „Wir sind Männer, ja, wir sind nicht irgendwelche Tratschleute, ja?”

Zum Stein des Anstoßes wurde dann folgende Passage des Gespräches:

OBERHAUSER .Herr Bischof, was müßte passieren, daß Sie einmal drüber nachdenken, ob Ihr Weg der einzig richtige ist oder ob es da nicht auch Korrekturen - Kurskorrekturen - von Ihrer Seite geben müßte?

KRENN: Ja, gern. Ich weiß so viele Fehler von mir, aber das sind persönliche.

OBERHAUSER: Was müßte passieren? Also Rücktritte schrecken Sie offensichtlich nicht, Proteste schrek-ken Sie auch nicht...

KRENN: Nein, und ich hoffe, daß sie selten sind. Die schrecken mich aber nicht, weil ich den Leuten die Freiheit lasse, ich habe noch nie jemanden gezwungen...

OBERHAUSER .Noch einmal .Was müßte passieren?

KRENN: Da müßte der liebe Gott abdanken, denn ich vertrete ja die Wahrheit, die Gott uns gibt.

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