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Der Flughafenkrieg

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Seit nahezu einem Jahrzehnt schwelt in Tirols Landeshauptstadt der politische Streit um die Zukuft des mangelhaft ausgerüsteten Alpenflughafens Innsbruck. Nachdem Ende vergangenen Jahres über dem Karwendelgebirge eine zweimotorige französische Chartermaschine abstürzte, weil ihr bei schlechter Witterung der Anflug zur Inntalpiste nicht gelang, flammte ein bereits hitziger Flughafenkrieg neu auf.

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Seit nahezu einem Jahrzehnt schwelt in Tirols Landeshauptstadt der politische Streit um die Zukuft des mangelhaft ausgerüsteten Alpenflughafens Innsbruck. Nachdem Ende vergangenen Jahres über dem Karwendelgebirge eine zweimotorige französische Chartermaschine abstürzte, weil ihr bei schlechter Witterung der Anflug zur Inntalpiste nicht gelang, flammte ein bereits hitziger Flughafenkrieg neu auf.

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Zählte man 1964 in Innsbruck noch 45.252 Fluggäste, so waren es zehn Jahre später nur noch an die 3000. Schuld an diesem katastrophalen Rückgang ist vor allem das Fehlen einer Arifluganlage. Während in Salzburg und Klagenfurt schon längst solche Systeme installiert wurden, tobt in Innsbruck nach wie vor der Streit der politischen Parteien. Die ÖVP-Vertreter und eine große Zahl von Fachleuten sind für den Einbau einer Anfluganlage, die Sozialisten verlangen die Schließung des Flughafens mit der Begründung, daß auch bei Verwendung des sogenannten „Wolkendurchstoßverfahrens” ein gefahrloses Anfliegen Innsbrucks bei Schlechtwetter nicht garantiert sei.

Nach dem jüngsten Absturz Mitte Dezember 1974 meldeten sich auch die Flugverkehrsleiter zu Wort. In einer Presseaussendung erklärten sie: „Wir als die am Kontrollturm diensttuenden Flugverkehrsleiter sind nicht mehr gewillt, auf Grund des Fehlens einer Anflughilfe weiterhin tatenlos und mit gebundenen Händen zuzusehen, wie mit erschütternder Regelmäßigkeit bei schwierigen Wetterlagen Flugnot- und Flugunfälle auftreten. Seit Jahren werden uns alle Einrichtungen vorenthalten, die es uns erlauben würden, die Sicherheit der betreffenden Luftfahrzeuge zu gewährleisten. Aus rein politischen Gründen wird der Beschluß zur Installation des Anflugverfahrens hintertrieben. An die Stelle der Sachlichkeit und Fachlich- keit ist um den Preis von Menschenleben politisches Ränkespiel getreten. Aber auch gegebene politische Konstellationen bewahren niemanden vor moralischen Verpflichtungen und einer sich daraus ergebenden moralischen Schuld.”

Ein elektronisches Anflugverfahren wurde schon vor geraumer Zeit für Innsbruck ausgearbeitet und von der Swissair geprüft. Als Kosten hiefür wurden 6,3 Millionen Schilling errechnet. Weil der Bund bisher eine Beteiligung an der Finanzierung abgelehnt hat, erklärten sich Stadt Innsbruck und Land Tirol angesichts der nahenden Olympiade zur gemeinsamen Übernähme der Kosten bereit und richteten ein dringendes Ersuchen an das Finanzministerium (als Gesellschafter der Tiroler-Flughafen-Betriebsgesell- schaft) um Zustimmung.

Die Tiroler Sozialisten lehnen, wie aus entsprechenden Erklärungen hervorgeht, die Errichtung der Navigationsanlage ab. Sie plädieren für die Schließung des Flughafens und Umwidmung des Areals in eine Erholungslandschaft. Da jedoch die Hälfte des Geländes dem Bund gehört, könnten die Tiroler im Fall der Auflassung des Flugbetriebes über die Verwendung des Grundes gar nicht verfügen und die Wahrscheinlichkeit ist groß, daß anstatt eines Erholungsraumes ein Hochhausdschungel entstünde. Außerdem wären dann die bisherigen Investitionen in der Höhe von 120 Millionen Schilling umsonst gewesen.

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