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Der Standardkampf

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Einem Kreis von Journalisten und Beamten wurde in der vorigen Woche Spionage zur Last gelegt. Die Frage, was es in Österreich überhaupt zu spionieren gibt, mag woanders geklärt werden; offen bleibt, warum gerade Journalisten, Beamte, Unternehmer und Manager immer wieder in Spionagefälle, einen Bauskandal oder dergleichen verwickelt werden. Gehören doch gerade sie zu den besser Verdienenden in Österreich.

Aber gerade jene Empfänger höherer Einkommen reisen auch immer wieder ins Ausland und vergleichen dort mit einem Lebensstandard, der, ob es die deutsche Bundesrepublik oder die Schweiz oder gar die Bene- lux-Staaten betrifft, bei ihren Kollegen, Bekannten und Geschäftspartnern weit höher liegt als bei uns. Zurückgekehrt in die Heimat, bleibt dann der Wunsch und die Sehnsucht, es ebenso zu tun wie der liebe Nachbar.

Von diesem Wunsch beflügelt, nimmt er Nebengeschäfte nach Dienstschluß an. Ein zweiter und ein dritter Job folgt, und wenn der geheime Verführer aus dem Osten im Standardkampf sich, an den Schwachgewordenen heranmacht, dann fällt der Verführte nur allzu leicht um. Der Wunsch, es dem Kollegen im Westen gleichzutun, ist stärker. Woher kommt das? Wir haben es in Österreich in manchen Wirtschaftszweigen bis auf 16 und 17 Monatsgehälter pro Jahr gebracht. Wir sind ein Land mit sehr vielen bezahlten Feiertagen, mit relativ langem Urlaub, aber auch mit einem sehr zweifelhaften Steuerrekord. Wir wollen ein Land des Westens sein, wir wollen auch den Standard, wir sprechen vom Europalohn. Ob es nicht ernstlich notwendig wäre, unser gesamtes Entlohnungskonzept, unsere gesamte Steuerpolitik und unsere Sozialversicherung zu überdenken, ob nicht zwölf anständige Gehälter bei ein und demselben Betrieb mit lieber längerer Arbeitszeit besser wären als Angst vor dem. Entdecktwerden von ehrlichen oder obskuren Nebenverdiensten? Man glaubt, ja sagen zu müssen zur Mehrarbeit und zu erhöhtem Einsatz im Hauptberuf — und trotzdem gibt es Leute, die von einer 40-Stunden-Woche sprechen und damit dem Pfusch und Nebenjob das Wort reden.

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