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Digital In Arbeit

Wenn die Karriere einen Knick hat...

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Nicht wenige Menschen spüren, daß sie in der beruflichen Sackgasse sitzen, unglücklich sind. Oft liegt das an der Tätigkeit, am Betrieb. Oder ,,nur“ an sich selbst.

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Nicht wenige Menschen spüren, daß sie in der beruflichen Sackgasse sitzen, unglücklich sind. Oft liegt das an der Tätigkeit, am Betrieb. Oder ,,nur“ an sich selbst.

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Die meisten Menschen denken über ihre berufliche Situation nach wie sie sein sollte, aber nicht wie sie ist. Das führt zu Klagen wie: „Da hat man jahrelang für die Firma hart gearbeitet, und jetzt wurde jemand anderer befördert. Das ist ungerecht.“ Oder: „Ich verschwende soviel Zeit für Dinge, die mir gar keinen Spaß machen. Ich komme gar nicht mehr dazu, das zu arbeiten, was

ich wirklich kann und tun möchte.“

Beispiele wie diese gibt es unzählige. Nicht wenige Menschen haben das Gefühl, in der beruflichen Sackgasse zu sitzen oder zumindest ein Plateau erreicht zu haben, wo sich keine neuen Perspektiven mehr eröffnen. Technische Umorganisationen, Personaleinsparungen, eine schlechtere Wirtschaftslage - alles Hürden, die die Aussicht auf ein Vorwärtskommen bremsen. Oder es stimmen zwar die materiell-fachlichen Arbeitsbedingungen, aber die psychologischen nicht, weil beispielsweise „nur über Kollegen geschimpft wird, die nicht da sind.“

Der österreichische Weg aus solchen Situationen ist meist, Unzufriedenheit zu verdrängen, lieber zu meckern und auf bessere Zeiten zu warten.

Natürlich bildet das Beharrungsstreben in jedem von uns, die Angst vorm Risiko, die Sorge vor jeglicher Veränderung, eine gewisse Barriere. Wenn aber doch Stellen gewechselt werden, so sind das - laut Wirtschaftswissenschafter — durchwegs Kurzschlußhandlungen. In einer Art Panik wird der Job voreilig „hingeschmissen“. Möglichst schnell der unbefriedigenden Situation entrinnen, kommt vor einer

durchdachten, gezielten Lösung.

Jeder, der auf der Suche nach persönlicher oder materieller Weiterentwicklung ist, sollte aber das „Für und Wider“ eines Wechsels schon vorher sorgfältig abwägen. Es könnte sein, daß die genauere Analyse der jetzigen Unzufriedenheit einen Stellenwechsel hinfällig macht.

Berufliches Unglücklichsein kann nämlich auch an der eigenen Persönlichkeitsstruktur liegen. Oder nur am Verhalten des Chefs, der Kollegen. Oder an beiden. Das Klarwerden darüber erzeugt erst die nötigen Energien, um wirklich Veränderungen herbeizuführen. Abgesehen davon, daß sie helfen, zukünftig Fehler und Mißverständnisse zu vermeiden.

Auf Lösungsangebote anderer zu warten, bringt wenig. Es ist in der Regel kaum der Fall, daß ein (Personal)Chef ohne Hintergedanken kommt und sagt: „Glauben Sie nicht, daß Sie unzufrieden sind und sich längst verändern sollten?“ Machen Sie also selbst ein kleines Experiment und stellen Sie die häufigsten Punkte zusammen, die Sie unzufrieden stimmen.

Als mögliche Hilfestellung füllen Sie einmal „Ihre“ eigenen acht Felder aus (siehe Kasten). Die Ergebnisse sollten dann mit Vorstellungen über „optimale“ Bedingungen verbunden werden. Das Wichtigste ist das Herawsfiltern < der Gründe, warum eine alltägliche Arbeitssituation so unbefriedigend ist. (Auch hier erweist sich die Uberprüfung der eigenen Einschätzung durch Freunde oder Kollegen als nützlich.)

Ein Beispiel zum Punkt Arbeitsablauf: Sie leiden unter einem als zu groß empfundenen Arbeitspensum und wollen deshalb wechseln. Die möglichen Gründe darauf können sein:

• Die Aufgabenstellung ist nicht klar umrissen bzw. abgegrenzt. Es kommen immer wieder Arbeiten

dazu, für die Sie sich gar nicht beworben haben.

• Ein Vorgesetzter behält sich alle Entscheidungen vor, das kostet Zeit.

• Unternehmensziele werden zwar definiert, aber kaum jemand hält sich daran, alles muß selber gemacht werden.

• Der eigene Arbeitsablauf ist schlecht koordiniert, weil Sie sich prinzipiell lieber auf das Gedächtnis als auf Notizzettel verlassen und im Bedarfsfall keine Unterlagen zur Hand haben.

Solche Feststellungen haben eine tiefere, persönliche Dimension:

• In Wirklichkeit fällt es einem bloß schwer „nein“ zu sagen, und daher häufen sich die Arbeiten, oder

• auch die kleinste Kleinigkeit muß perfekt ausgeführt werden.

Letzteres Beispiel, der Hang zum Perfektionismus, kann wiederum mehrere Ursachen haben. Es ist beispielsweise ein Schutzmechanismus vor Kritik. Oder der persönliche Weg, nach mehr Beachtung und Anerkennung zu fischen.

Mit diesem Beispiel wird deutlich, daß ein Stellenwechsel nicht gleich die beste aller Möglichkeiten sein muß. Es reicht unter Umständen eine Änderung der eigenen Einstellung, ein Gespräch mit Mitarbeitern, dem Chef, ein Personalentwicklungsseminar, die Lektüre eines Buches über diese Themen. Selbst initiativ werden, lohnt sich auf jeden Fall!

Bis jetzt wurde noch nicht untersucht, ob es einen Zusammenhang gibt zwischen einem Stellenwechsel und mehr Arbeitszufriedenheit. Eine Veränderung wird von den meisten Berufstätigen aber in der Regel nach finanziellen Anreizen oder dem Prestigezuwachs beurteilt. Was klarerweise bestenfalls kurzfristig zu mehr Arbeitszufriedenheit führt. Das Motto: „Wenn sonst nichts stimmt, dann wenigstens die Kassa“ ist für mehr berufliche Sinnerfüllung kein gutes Rezept.

Von Unternehmern oder Personalchefs wird ein häufiger Stellenwechsel derzeit eher negativ beurteilt. Von „höheren“ Managementaufgaben abgesehen, ist es für sie zwar ein Beweis von Mobilität, aber nicht unbedingt von Problemlösungsbewußtsein.

Wer feststellt, daß ihm nur eine Positionsänderung hilft, sollte damit nicht allzulange warten. Natürlich erweist sich immer erst nachher, ob der neue Job ein Glücksgriff war. Um einer Fehlentscheidung vorzubeugen, ist der zweite Schritt nach der Analyse des „Ist-Zustandes“ die richtige Bewerbung.

Es ist durchwegs noch üblich, Bewerbungsschreiben möglichst allgemein zu halten. Der Grund: Es wird von beiden Seiten, dem Bewerber und dem Anbieter eines Jobs, als nicht angebracht erachtet, gleich die Karten auf den Tisch zu legen, konkrete Forderungen zu stellen oder sich umfassend über den zukünftigen Arbeitsplatz oder die Entlohnung zu erkundigen. Lieber halten sich die Bewerber zurück, um sich „Chancen nicht zu verderben“.

Das sind falsche Vorgangsweisen. Wer sich richtig bewirbt und umfassend informiert, dem wird es weniger passieren, daß er (wieder) eine Stelle bekommt, die er eigentlich gar nicht haben wollte. Mehr darüber in der nächsten Folge.

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