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Ein Brückenschlag zwischen Menschen

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Gehbehinderte Menschen werden von Passanten der Trunkenheit bezichtigt. Querschnittgelähmte Menschen sind für viele Journalisten noch immer an den Rollstuhl gefesselt. Und Menschen mit geistiger Behinderung sind ein gesellschaftliches Tabu, obwohl wir das Jahr der Behinderten schon längst begangen haben, obwohl die Dekade der Behinderten schon fast zu Ende ist. Verändert hat sich fast nichts. Da und dort wird ein behindertengerechtes Amtsgebäude errichtet. Eine Selbstverständlichkeit sind solche Überlegungen noch lange nicht.

Es fehlt zweierlei: Zum einen konkrete politische Entscheidungen bei Bauordnung, schulischer Integration und so weiter. Zum anderen Wissen und damit auch Bewußtsein der Bevölkerung für die Probleme behinderter Menschen.

Konkrete Maßnahmen lassen sich allerdings nur durchführen, wenn das nötige Bewußtsein vorhanden ist. Zu dieser Einsicht kamen zwei Wiener Kommunalpolitiker, der SP-Gemein-derat Hans König und die VP-Abge-ordnete Maria Rauch-Kallat. Sie trugen ihr Anliegen in die gemeinderät-liche Behindertenkommission. Diese wurde zum Träger des Vereins „Aktion Mensch”. Ziel und Aufgabe dieses Vereins ist die Durchführung einer - mittlerweile österreichweiten -Bewußtseinskampagne.

Bewußtseinsänderung funktioniert nicht nur über den Intellekt. Der emotionalen Ebene kommt mindestens dieselbe Bedeutung zu. „Miteinander leben” ist daher Motto etlicher Veranstaltungen, bei denen Barrieren zwischen Menschen mit und ohne Behinderung abgebaut werden sollen.

In den Sommermonaten beginnt eine Werbekampagne mit derselben Zielsetzung. Österreichs größte Agentur hat sich kostenlos in den Dienst der guten Sache gestellt, wie übrigens auch etliche andere öffentliche Institutionen und private Unternehmen. Nicht Mitleid, sondern partnerschaftliches Verständnis soll geweckt werden. Behinderung ist kein Hindernis für Lebenslust, Einsatzbereitschaft und Kommunikation.

Mit dem nötigen Bewußtsein wird es künftig hoffentlich leichter, Lösungsvorschläge zu realisieren. Kleine Erfolge sind schon zu verbuchen - Stewardessen werden künftig für den richtigen Umgang mit behinderten Passagieren geschult, eine Modehaus-Kette wird neue Häuser behindertengerecht errichten. Und mehr Bewußtsein für die gegenseitigen Probleme bei jenen Menschen mit und ohne Behinderung, die bei der „Aktion Mensch” meist ehrenamt-lich mitarbeiten.

Eine meßbare Bilanz wird nie vorliegen. Schön wäre, wenn Öster-' reichs Bewußtseinsklima mit dem in angelsächsischen Ländern gleichzieht.

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