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Ein Haus für Fritz Wotruba

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Österreich hat in diesem Jahrhundert einen wirklich großen Bildhauer von internationalem Rang hervorgebracht: Fritz Wotruba, dessen Werke in allen bedeutenden Ländern und auf fast allen wichtigen Ausstellungen zu sehen waren. Noch zu Lebzeiten hat man ihm eine würdige Denkstätte versprochen: Ein Fritz-Wotru-ba-Museum.

Fritz Wotruba ist seit fast vier Jahren tot. Geschehen ist bis jetzt noch kaum etwas. Sein Nachlaß ist noch nirgends zu sehen, von einem Museum spricht man zwar noch hier und da. Getan hat man nichts.

Die Stadt Wien streitet immer noch mit Fritz Wotrubas Witwe Lucy. Sie ist die Nachlaßwahrerin des Bildhauers, und sie möchte die Rechte ihres verstorbenen Mannes gewahrt sehen. Zu Recht.

In den siebziger Jahren schon hat die Gemeinde Wien in der Rusten-schacherallee im Prater für Wotruba ein Museum errichtet. Dieses „Museum“ wurde auf Wotrubas Wunsch in ein Atelier umgebaut. Der Bildhauer wollte nicht „in seinem eige-

nen Museum arbeiten.“ Nach seinem Tode wollte man den ursprünglichen Plan wieder reaktivieren. Man stieß auf Hindnisse. Fritz Wotruba hatte mit der Gemeinde einen Vertrag aufgesetzt, in dem er seinen gesamten Nachlaß der Stadt zur Verfügung stellte. Dieser Vertrag wurde nie unterschrieben. Wotruba starb zu früh.

Lucy Wotruba verweigert nun die Herausgabe des Nachlasses. Sie hat auch gewichtige Gründe anzugeben: Das von der Gemeinde Wien ins Auge gefaßte Prateratelier sei zu klein. Auf zweimal neunzig Quadratmeter könne man höchstens ein Drittel der Werke Wotrubas unterbringen. Außerdem hatte die Gemeinde geplant, in dem Museum noch junge Bildhauer arbeiten zu lassen. Das hätte die Räumlichkeiten noch mehr eingeschränkt. Im Vertrag mit der Gemeinde steht außerdem kein Wort, daß der Nachlaß im Prateratelier untergebracht werden sollte. Lucy findet, das alles sei ihrem Mann nicht würdig. Sie hat recht.

Eine rechte Alternative wollte oder konnte die Gemeinde Wien nicht anbieten. Der „Hauptverhandler“, Dr. Waissenberger, Direktor des Historischen Museums der Stadt Wien, betont überzeugend, „sein großes Interesse an dem Wotruba-Nachlaß“, findet aber die „Forderungen von Frau Wotruba unrealistisch“. Lucy, meint Waissenberger, „träume von mehr als 2000 Quadratmetern Aus-stellungsfläche“. „Wo sollen wir die hernehmen?“

Im Sommer 1978 hat ÖVP-Stadtrat Erhard Busek mehrmals vehement eine Lösung für den Wotruba-Nachlaß gefordert. Es gab kaum Reaktionen. Man hatte immer wieder Ausreden parat. Busek glaubt darin mehr als Achtlosigkeit der Sozialisten zu sehen: „Ich habe den Verdacht, daß den Wiener Sozialisten der lebende Wotruba als Aushängeschild wichtig war. Der tote interessiert sie weniger.“ Busek hat fast resigniert.

Vielleicht kommt seine Resignation zu früh. Denn plötzlich zeichnet sich eine Lösungsmöglichkeit ab. Wegen der Eröffnung des Museums für Moderne Kunst im Palais Liechtenstein wird das Museum des Zwanzigsten Jahrhunderts seine wichtigsten Exponate an dieses abgeben müssen. Es wird seiner Funktion beraubt sein. Gerüchte sprachen sogar von einem Abbruch des Schwanzer-Pavillons. Doch diese Gefahr scheint gebannt. Im April soll das gesamte Gebäude generalüberholt werden.

Ein Platz für den Nachlaß von Wotruba? Jedenfalls existiert seit einiger Zeit schon ein detaillierter Plan der Architektengruppe Schwanzer, der einen Ausbau des „Zwanzigerhauses“ vorsieht. Es soll unterkellert werden. Dadurch würde man einige hundert Quadratmeter Ausstellungsfläche dazu gewinnen. Auch die Kosten könnten sehr niedrig gehalten werden.

Lucy Wotrubas Wunsch nach „2000 Quadratmetern Ausstellungsfläche“ könnte in Erfüllung gehen. Es gibt noch einige rechtliche Schwierigkeiten. Der Wotruba-Nachlaß fällt in die Kompetenz der Stadt Wien, das „Zwanzigerhaus“ in die des Bundes. Im Wissenschaftsministerium gibt man sich jedoch optimistisch, obwohl man gerade dort jahrelang nichts für die Pflege von Wotruba getan hat. Der Staat ist immerhin im Besitz von einigen Bronzeplastiken, für die man noch immer keinen Platz gefunden hat.

Wie lange das noch dauern kann? Bei dieser Frage hüllen sich Ministerien und Beamte in Schweigen. Niemand will Genaues sagen.

Es ist höchste Zeit, daß man endlich initiativ wird, daß nicht noch einige Jahre vergehen, bis Fritz Wotruba eine würdige Heimstätte erhält. Es wäre eine Schande sondergleichen, könnte eine Stadt wie Wien ihrem berühmtesten und bekanntesten Bildhauer kein Museum zur Verfügung stellen.

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