7007070-1987_46_06.jpg
Digital In Arbeit

Ein idealer Partner

19451960198020002020

Was will Österreich in Mittelamerika? Die Diskussion darüber ist voll im Gange. Gegen gewisse Vorstel-lungen im Außenministerium läuft die entwicklungspolitische Basis Sturm.

19451960198020002020

Was will Österreich in Mittelamerika? Die Diskussion darüber ist voll im Gange. Gegen gewisse Vorstel-lungen im Außenministerium läuft die entwicklungspolitische Basis Sturm.

Werbung
Werbung
Werbung

Zäh, aber doch unaufhaltsam kommt die mittelamerikanische Friedensinitiative voran. Damit stellt sich auch für Österreich die Frage nach den zukünftigen Konturen einer Mittelamerika-Politik.

Länder auf dem Weg zur Demokratie, so eine Grundlinie der ÖVP, sollen vor allem gestärkt werden. Was könnte das nun konkret für Mittelamerika heißen?

Wie es den Anschein hat, will man im österreichischen Außenministerium den bisher einseiti-

gen Akzent auf Nikaragua durch verstärkte Kooperation mit neuen Partnern in der Region ausgleichen.

Guatemala und Kostarika, beide mit eigenen Neutralitätsexperimenten, bieten sich dafür besonders an. Was mit Kostarika, dem mittelamerikanischen Musterstaat, an gemeinsamen Projekten gemacht werden kann, muß erst ausdiskutiert werden.

Für Guatemala setzt die dortige österreichische Schule automatisch den Schwerpunkt.

Welchen Stellenwert diese Bildungsinstitution im Rahmen der zukünftigen Beziehungen Österreich-Guatemala haben soll, wird in den kommenden Monaten für innenpolitischen Konfliktstoff sorgen. Die Koalition bereitet mit Guatemala ein Kulturabkommen vor - nach Mexiko das zweite in Lateinamerika überhaupt —, wogegen die entwicklungspolitische Basis im Lande Zweifel anmeldet.

Somit wird unseligerweise wieder einmal eine Österreich-interne Debatte die Beziehung mit einem Entwicklungsland bestimmen. Und die dringliche Frage nach Österreichs Absichten in Lateinamerika bleibt verschüttet.

Bis 1985 verkörperte ein militärisch-repressives Guatemala den Bösewicht-Staat schlechthin. Indes - seit 1986 regiert der sympathische Christdemokrat Vinicio Cerezo, dessen außenpolitische Führungsrolle den derzeitigen

mittelamerikanischen Friedensprozeß überhaupt erst ermöglichte.

Wäre daher für Österreich Guatemala, unterwegs zu seiner eigenen - prekären — Demokratie, „aktiv neutral“ und ausgestattet mit einer österreichischen Schule, nicht ein idealer Partner? Es gibt darauf keine leichte Antwort, solange nicht die Grundsatzfrage

nach den österreichischen Interessen in Lateinamerika beantwortet ist. Deswegen bleibt auch die österreichische Schule in Ciu-dad de Guatemala ein Zwitter.

1958 von der österreichischen Kolonie in Guatemala gegründet, entwickelte sich diese Institution, heute formaliter von der Asocia-ciön Cultural Austriaca-Guate-malteca geführt, zu einer der drei wichtigsten Auslandsschulen in der guatemaltekischen Hauptstadt. Ihren qualitativen Kern bilden 24 österreichische Subventionslehrer, die von Österreich, Eigentümer der Schule seit den sechziger Jahren, entsandt und mit handfesten Auslandszulagen bezahlt werden. Einheimische Lehrer erhalten deshalb weit weniger als ihre österreichischen Kollegen.

989 guatemaltekische Schüler und Gymnasiasten erhalten in der auf einem Plateau vor Ciudad de

Guatemala paradiesisch schön gelegenen Anstalt gegen das übliche — teure — Privatschulgeld eine gediegene Ausbildung.

Ist das eine sinnvolle — demnächst durch ein Kulturabkommen abgesicherte — Investition? Sicherlich ja, wenn nach utilitaristischem Denken Osterreich die guatemaltekischen Schulabgänger, sobald dank ihrer guten Ausbildung Entscheidungsträger in Staat und Wirtschaft, für eigene Interessen bei Export, Wirtschaftskooperation, Kultur und Politik einsetzt.

Sicherlich nein, wenn Österreich, wie offiziell proklamiert, in der Dritten Welt den Ärmsten der Armen helfen will. Denn dann dürfte nicht im indianischen Guatemala, sondern müßte auf Haiti gearbeitet werden.

Wäre das österreichisch-guatemaltekische Kulturabkommen, das möglicherweise Bundespräsident Kurt Waldheim einen Staatsbesuch in Guatemala sichert, nicht ein Anlaß, um solche Fragen eindeutig zu klären?

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung