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Falsche Zeugen

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Das achte Gebot: ,J)u sollst kein falsches Zeugnis geben wider deinen Nächsten!“ setzt voraus, daß Menschen schuldig oder unschuldig vor Gericht gestellt und angeklagt werden. Das ursprüngliche Ziel dieses Gebotes ist nicht das Verbot jeder Lüge, sondern der Schutz eines unschuldig Angeklagten vor falschen Belastungszeugen wie auch der Schutz des Rechts jener Menschen, die Unrecht erlitten haben, vor falschen Entlastungszeugen.

Dieser Schutz war umso dringender, als die Entscheidung des Gerichts im Volk Israel fast ausschließlich von der Aussage der Zeugen abhing. Der Zeuge entschied nicht nur über den guten Namen des Angeklagten, sondern nicht selten auch über Leben und Tod. ,JDaß der Zeuge nicht nur einen verbalen Anteil an einem Rechtsverfahren mit Todesurteil hat, zeigt Deuterono-mium 17,7: er hat sich aktiv an der Hinrichtung zu beteiligen, er muß sozusagen den ersten Stein werfen. Wäre seine Aussage 'falsch •r.r,“ würde er damit Blutschuld auf sich laden“ (Helen Schüngel-Straumann).

Ein falsches Zeugnis geben ist nicht nur ein Vergehen gegen die Wahrheit — einen Unschuldigen durch falsches Zeugnis verurteilen oder einen Schuldigen freisprechen und dadurch Unschuldige leiden lassen, ist im Sinne des Alten Testamentes Bundesbruch, Treulosigkeit, Verrat.

Wo die Gerichte nicht mehr Recht sprechen, geht das Vertrauen in einem Volk verloren. Darum wenden sich auch die Propheten mit harten Worten gegen die Beugung des Rechts durch die Mächtigen. Jesaja klagt: ,J)eine Fürsten sind Abtrünnige und eine Bande von Dieben. Alle lassen sich gerne bestechen und jagen Geschenken nach. Sie verschaffen den Waisen kein Recht, die Sache der Witwen gelangt nicht vor sie“ Jesaja 123.

Daß dieser Schutz des unschuldig Angeklagten oder des Unrechtleidenden vor falschen Zeugen und Richtern durch ein eigenes Gebot nötig ist, zeugt von der moralischen Armut und Bosheit des Menschen; von seiner Feigheit, Machtgier, von jenen Fehlhaltungen, die ihn veranlassen, ein falsches Zeugnis zu geben.

Der Mensch ist derselbe, damals und heute. Folgende Werke könnten in unseren Tagen geschrieben sein: ,JDu sollst kein leeres Gerücht verbreiten. Biete deine Hand nicht dem, der Unrecht hat, indem du als falscher Zeuge auftrittst. Du sollst dich nicht der Mehrheit anschließen, wenn sie im Unrecht ist, und sollst in einem Rechtsverfahren nicht so aussagen, daß du dich der Mehrheit fügst und das Recht beugst“ Dt 23J.-2.

27. Teil einer Serie zur Lebensrelevanz der Zehn Gebote.

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