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Golowin und seine Trickmaschen

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Gulda als Beethoven-Interpret und Songtexter, Gulda als Popsänger und Barpianist, Gulda als Jazzer, Showproduzent, Bürgerschreck, Avantgardehasser, Klamaukmacher, Gulda als Enfant terrible... kurz: „Gulda total!“ Das war denn auch das Motto, unter dem die Musikalische Jugend ihn, den man in dieser Universalrevue bereits vom Ossiacher Musikforum, vom Wiener „Anima“-Kon-zert, von mehr und minder seriösen One-Man-Shows kennt, an vier Abenden ihrem Publikum als Attraktion anbot.

Aber was ist aus Gulda, dem einstigen Wunderkind, das sich im Eilzugstempo zum weltberühmten Beethoven- und Bach-Spieler entwickelte, .allmählich geworden? Er ist .43. Steckt offenbar in einer musikalischen Krise, tritt auf der Stelle. Und das seit Jahren. Man staunt, wie da noch immer überragendes Können durch Sentimentalität und Geschmacklosigkeiten, durch billige Mache zunichte gemacht wird.

Klassische Meisterwerke, Bach, Haydn, Beethoven, Debussy — den letzten obendrein noch durchsetzt mit Pauers „Poems“ — spielt er nur noch in geringen Dosen. Seine eigenen Arbeiten scheinen ihm wichtiger: das „Concertino for Players and Singers“ (mit dem Prager Kammerorchester), sein „Play Piano Play“, seine Golo-win-Lieder und all die anderen drei-klangseligen Stücke.

Originelles wie seine „Neuen Wiener Lieder“, die er, der mysteriöse „Golowin“, mit raffinierter Vortragstechnik ins Mikrophon ächzt, krächzt, säuselt und wimmert, stehen neben Banalitäten eines bescheidenen Geschmacks, neben süßlich-sentimentalen Raunzereien: Versuche, die einen sehr eigenwilligen Stil musikalischer Verarbeitung erkennen lassen, gehen neben stillosen, ekletisch zusammengebrauten Barmusikprodukten unter. Gulda, der als Demolierer des alltäglich-grauen Konzertbetriebs beim Publikum geradezu Sympathien erntet, zerstört sie selbst wieder durch sein Ausschlachten'der abgegriffenen „Trickmasche“. Und das alles bloß, weil er sich und seinen Fans bestätigen will, daß er ein echter Revoluzzer geblieben ist. Auch noch mit 43 ...

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