6804933-1972_01_13.jpg
Digital In Arbeit

Neue Pläne, Mitsprach

19451960198020002020

Aus der Umwandlung der Akademie für Musik und darstellende Kunst in eine Hochschule ergeben sich verschiedene Probleme, deren vordringliche Behandlung, was die eventuelle Aufstellung neuer Disziplinen und Fächer und deren Besetzung mit Lehrkräften betrifft, sehr aktuell und von wesentlicher Bedeutung ist.

19451960198020002020

Aus der Umwandlung der Akademie für Musik und darstellende Kunst in eine Hochschule ergeben sich verschiedene Probleme, deren vordringliche Behandlung, was die eventuelle Aufstellung neuer Disziplinen und Fächer und deren Besetzung mit Lehrkräften betrifft, sehr aktuell und von wesentlicher Bedeutung ist.

Werbung
Werbung
Werbung

Rektor Georg Pirckmayer meint dazu, daß manches Neues — verteilt auf die nächsten zwei Jahre — geplant ist, so zum Beispiel die Besetzung einer zusätzlichen, dringend notwendigen Kompositionsklasse oder, für die Tanzabteilung, die eine lange stille Zeit hatte, die Heranziehung einer amerikansichen Tänzerin zur Vermittlung der Graham-Technik.

Auf die häufig zu hörende, in gewissem Maß zu vertretende Ansicht, daß eine Unterteilung der Anstalt in eine Grundmusikschule, dann in eine Akademie für die Ausbildungsstufen und schließlich in eine wirkliche Hochschule für die diesem Reifegrad Entsprechenden richtig wäre, äußert sich Rektor Pirckmayer dahin, daß verschiedene Abteilungen schon Vorbereitungskurse — so für noch musikalisch unverbildete Jugendliche — bestehen, die Hochschule erst nach dem Eintritt in die Instrumental-Haupfachklassen zum Zug kommt. Für die Disziplin „Musikerziehung“ ist Matura und eine spezielle Aufnahmsprüfung vorgeschrieben.

Daß Wien seinen Ruf als Stadt des Musikstudiums par excellence unter anderem auch prominenten Lehrern der Hochschule auf dem Gebiet der

Es war, beim letzten Abend Friedrich Guldas im Mozartsaal, umgekehrt wie mit den zehn kleinen Negerlein: es wurden immer mehr auf dem Podium. Zuerst spielte Gulda Piano solo: die Englische Suite a-Moll von Bach sowie eigene Klavierstücke aus einer schon mehrfach aufgeführten Suite, und „eine me'.ier herrlichen Balladen“, wie er selbst ansagte. Dann gesellte sich ihm ein Schlagwerker namens Manfred Josel — übrigens ein ausgezeichneter Mann. Es folgte die rasanteste Nummer mit einen Jazzgitarristen (J. A. Rettenbacher), auch ein ausgedehntes Walzerstück fehlte nicht, das, im Stil von Lanner und Strauß beginnend, in der Art von Ravels „La Valse“ sich steigernd, in einem Schlagwerkfurioso kulminierte.

Und schließlich gab es als Uraufführung ein „Concertino for Players and Singers“, wobei die Players ausschließlich aus Streichern bestanden und die Singers sich aus Mitgliedern des Wiener Kammerchors rekrutierten, zu denen sich ein zweiter Schlagwerker (Klaus Weiss) gesellte. Es mögen am Ende über drei Dutzend Musiker auf dem Podium gewesen sein, von Stefan Soltesz einstudiert und geleitet, von Gulda vom Klavier aus gelegentlich mitdirigiert.

Streich- und Tasteninstrumente verdankt, dafür sprechen Namen, wie Samohyl, Odnoposoff, Sivo, Orloff, Dichler, Jenner, Graf und andere. Eine besonders wichtige Disziplin, das Gesangfach, weist leider nicht gleich hochqualifizierte Kräfte auf. Das erstreckt sich natürlich nicht auf die Stilbildungsklassen oder Lied-und Oratorienschule, sondern auf die ausschließlich die Gesangstechnik ausbildenden Klassen. Wird hier Abhilfe geschaffen werden können? Dr. Pirckmayer: Neben bereits vorhandenen guten Lehrern im stimmtechnischen Fach sind Verhandlungen mit Künstlern von Welgeltung im Gange.

Eine der wichtigsten Positionen im Lehrplan der Hochschule nimmt — auch vom Rektor bestätigt — die Dirigentenklasse ein. Auch in der jüngsten Zeit sind aus ihr Dirigenten, wie Abbado, Zubin Mehta oder Caridis, hervorgegangen und ihre Frequenz und ihr Ansehen steigt von Jahr zu Jahr. Einstige Lehrer, so Ferdinand Löwe, Clemens Krauß und Joseph Krips, und jetzt Hans Swarowsky haben sich um sie höchst verdient gemacht.

Professor Swarowsky hat als o. emeritierter Hochschulprofessor wohl auch für weiterhin einen Lehr-

Die Englische Suite begann in besorgniserregendem Tempo und mit einem gestochenen Fortis-simo. Die folgenden sechs Sätzchen wurden maßvoller interpretiert, aber immer ein wenig swingend.

Wenn Gulda, nach Ansage, seine Piano-Stücke spielt, so klingt es, als phantasiere ein Barpianist, der zu Hause gern Debussy und Ravel, gelegentlich auch Chopin spielt, über „Porgy and Bess“. Das uraufgeführte Concertino ist dreisätzig und endet mit einem „Finale for Ludwig: Presto“, in welchem Beethoven weniger parodiert, als in manchen seiner typischen Wendungen nachgeahmt und verjazzt wird, so etwa, wie es die Swingel-Singers mit Bach machen, nur eben mit einem viel größeren Apparat. Beethoven zu Ehren hat Gulda seinem Concertino gelegentlich auch symphonische Züge verliehen. Die einzelnen Stimmen sind genau aufgeschrieben, klingen gut und stets harmonisch zusammen, das Ganze ist gehobene Unterhaltungsmusik, die aber die letzte Mode (Beat und Pop) nicht berücksichtigt.

Außer Bach und dem Concertino, die auf dem Programm vermerkt waren, spielte Gulda mit seinen Musikerkollegen alles „nach Ansage“. Aber was dij folauftrug? Dazu gibt Rektor Pirck-mayer die Auskunft, daß ein solcher Lehrauftrag unbegrenzt verlängert werden kann, außerdem die Berufung eines zweiten Dirigenten neben Swarowsky und Professor Österreicher geplant ist und überhaupt wegen des großen Zulaufs von Studierenden in Zukunft zwei vollgültige Dirigentenklassen geführt werden sollen. Professor Swarowsky will sich, wie man hört, immer stärker auf die Vorlesungstätigkeit konzentrieren.

Auf die die Unterredung abschließende Frage, wie den Wünschen der Hochschülerschaft nach einem Mitspracherecht entsprochen wird, erfährt man, daß Vertreter der Studenten — sie gehören vorwiegend älteren Semestern an — in beschlußfassenden Gremien und einzelnen Abteilungen Sitz und Stimme haben. Ein Vorteil für die Musikhochschule mit kleinerer Hörerzahl besteht darin, daß der Kontakt zwischen Professoren und Hörern enger gestaltet ist. Bisher haben erfreulicherweise auch keine radikalen oder unsachgemäßen Auseinandersetzungen stattgefunden, was vielleicht mit dem das Verantwortungsgefühl der Jugendvertreter fördernden Mitspracherecht zusammenhängt.

PAUL LORENZ gen würde, wußten die meisten seiner Zuhörer — und er selbst wohl auch. Also nichts von Improvisation. Die freie Atmosphäre des Konzerts betonte Gulda durch schwarzen Rollkragenpullover (ohne Jackett) und der Chor durch Straßenkleidung. Der Gitarrist kam als Hippie.

Soweit schön. Umwerfend auch Guldas Technik, und wie er „sei-' nen Stil“ beherrscht. Das scheint mühelos, auch wenn es aus dem Bösendorferflügel donnert — und ist in Wirklichkeit gar nicht so einfach.

Aber wenn man schon den konventionellen Konzertrahmen sprengen will, dann muß man sich etwas mehr einfallen lassen. Denn Guldas Konzerte sind seit einigen Jahren ebenso erstarrt wie die „traditionellen“.

Da schaue man sich zum Vergleich an, was Hans Kann einige Tage später im Museum des 20. Jahrhunderts unter dem Titel „Klosterglocken, Satie und Tati-Tati“ anzubieten hatte: eine Folge einstmals beliebtester (und langlebigster) Salonmusikstücke (natürlich fehlte auch das „Gebet einer Jungfrau“ nicht); damit kontrastierend: etwa ein Dutzend origineller Klavierstücke von Erik Satie, schließlich eine Gemeinschaftsarbeit des „Mächtigen Häufleins“: Paraphrasen russischer Komponisten über „Tati-Tati“. Das war fast alles neu für Wien — obwohl keine Uraufführung auf dem Programm stand...

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung