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„Informieren ist unsere erste Pflicht“

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„Junge Österreicher schreiben für den ORF“ heißt eine Sendereihe, mit der der neue ORF- Literaturchef, Dr. Rudolf Bayr, Österreichs Jung-Literaten erstmals für eine kontinuierliche Zusammenarbeit mit dem Hörfunk gewinnen will. Erzählungen, Essays, Hörspiele, dazu aktuelle Präsentationen von Büchern in Lesungen und Besprechungen umfaßt das Spektrum möglicher Sendungen. „Die Willkürlichkeit der Auswahl hat heute keinen Sinn. Wir müssen möglichst aktuell arbeiten und zeitliche Zusammenhänge aufdecken“, argumentiert Dr. Bayr, „und es müssen dabei möglichst viele Kontrastmöglichkeiten aufgezeigt werden.“

Tatsächlich besteht heute beim Hörerpublikum eine optimale Bereitschaft, auch auf dem Gebiet der Literatur Informationen anzunehmen, sich von diesen zu weiterer Lektüre anregen zu lassen: „Wenigstens über die Interessantesten österreichischen Autoren soll das Publikum gründlich Bescheid wissen. Natürlich wird man uns immer vorwerfen, daß wir für die experimentierenden Autoren zu wenig tun und zum Vergleich den WDR heranziehen. Wir scheitern letztlich an einem begrenzten Budget… Information ist unsere erste Pflicht, schon deshalb kann das Experiment nur einen begrenzten Raum einnehmen. Ich bin da gegen jede Ausschließlichkeit“

Entscheidend ist, daß mediengerechte Arbeiten produziert werden, auch wenn man natürlich auf adaptiertes Theater immer wieder zurückgreifen muß: „Man muß halt bei Publikum und Autoren langsam Vertrauen gewinnen. Die Glaubwürdigkeit entscheidet sehr viel. Das setzt voraus, daß wir Arrivierte ebenso zum Zug kommen lassen, wie wir den Jungen eine Sandkiste einrichten.“

Dr. Bayr stellt sich zur Förderung der Nachwuchstalente ein Studio vor, in dem junge Autoren die technischen Möglichkeiten des Rundfunks studieren können: „So viele Begabte scheitern heute an ihrem mangelnden technischen Wissen. Solche Pannen lassen sich aber leicht vermeiden. Junge Autoren könnten da ohne Sende- und Arbeitsverpflichtung einfach alles ausprobieren. Danach kann man ihnen sofort einen Auftrag erteilen.“

Um sein Publikum über neue deutsche Literatur zu informieren, produziert Dr. Bayr mit Universitätsprofessor Walter Weiss eine zwölfteilige Sendereihe „Verfahrensweisen in der zeitgenössischen deutschen Literatur“. Das gesamte Germanistische Seminar der Salzburger Universität arbeitet seit dem vergangenen Wintersemester daran. Im Juni werden die Manuskripte fertig, der Residenz-Verlag wird sie herausbringen und ab Herbst 1971 läuft die Sendereihe. „Ich halte das für ein Zusammenspielen, bei dem das Publikum am meisten profitiert“, sagt der Initiator.

Weniger glücklich erscheinen Bayr Symposien und Diskussionen: „Das Original sollte vor all der Sekundärliteratur Vorrang haben. Ich geb das Geld lieber für die Autoren aus, die etwas Ordentliches produzieren, als es in Diskussionspartner zu investieren.“

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