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Jahr der Reformen

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Der jüngste Beschluß des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der UdSSR beschreibt 1987 als das erste Reformjahr, in dem Industrie, Agrarsek-tor und Dienstleistungen bereits in einem „neuen System“ arbeiten würden. Ein Gesetz sieht ab Mai dieses Jahres die Zulassung von drei Millionen Privatunternehmen — insbesondere im Dienstleistungsbereich und in der Konsumgüterindustrie — vor.

Die Verwendung fremder Arbeitskraft bleibt nach wie vor verboten; in Kaffeehäusern beispielsweise — Restaurants bleiben weiterhin in staatlicher Hand — dürfen nur Familienmitglieder angestellt werden.

Das seit der Mitte der fünfziger Jahre geltende und zur Ursache katastrophaler Zustände gewordene Lohnsystem wird seit 1. Jänner durch ein neues ersetzt. Es soll vor allem jenem künstlich perpetuier-ten Zustand ein Ende setzen, in dem für qualitativ minderwertige Arbeiten gleiche, wenn nicht sogar höhere Gehälter gezahlt wurden als für produktive, Fachwissen, Verantwortung und Initiative voraussetzende Tätigkeiten.

Demnach ist die Erhöhung der Durchschnittsgehälter der technischen Intelligenz um 35 bis 45 Prozent vorgesehen, kündigte neulich der Leiter der Staatlichen Kommission für Arbeit und Sozi-

alwesen, Schtscherbakow, an.

Das jüngste Paßgesetz sieht vorläufig nur die längst fällige Reform der Genehmigungsverfahren vor; bemerkenswert in dieser Hinsicht ist auch die ZK-Resolution, die sich im Bereich der Exekutive gegen Erscheinungen wie „grundlose Verhaftungen, tendenziöse Verfahren bei Ermittlungen und Verhandlungen“, ferner gegen „die Ignoranz der Behörden dem menschlichen Schicksal gegenüber“ wendet.

Das Dokument hebt die Notwendigkeit einer verstärkten Kontrolle über Innenministerium und Justizbehörden als „die unerläßliche Voraussetzung der normalen Funktion des Systems“ hervor.

Erst die Reform selbst schafft die Voraussetzung für ihre eigene erfolgreiche Durchführung in solch einem riesigen Land, dessen Verwaltungs- und Wirtschaftsstruktur gerade in den vergangenen 70 Jahren das Phänomen Reform fremd geblieben ist.

Der Erfolg der jüngsten Bestrebungen hängt nicht nur von der Entfaltung der in ihnen vorhandenen dezentralistischen Tendenzen ab. Notwendig ist auch eine Straffung des Systems, das wohl nicht mit dem identisch sein kann, was man abzulösen vorgibt.

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