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Kirche und Freimaurer

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Ein katholischer Theologe und ein Freimaurer schrieben gemeinsam ein mit historischen Dokumenten belegtes Buch über die Freimaurerei und ihre Beziehungen zur katholischen Kirche im Laufe der Jahrhunderte. Seit einigen Jahren ist, verursacht durch das Vatikanische Konzil, ein Dialog zwischen beiden im Gange, an dem sich beide Autoren aktiv beteiligen.

Das vorliegende Buch zeigt die Gründe für das Entstehen der Feindschaft zwischen Kirche und Freimaurerei auf, sodann die Schritte, die bereits getan wurden, um sie auf beiden Seiten abzubauen. Die sachliche Darstellung zeigt das Fehlverhalten auf beiden Seiten.

Wird das Jahr 1717, mit dem Entstehen der englischen Großloge, als das Gründungsjahr der modernen Freimaurerei betrachtet, von da sie sich ungemein rasch über den europäischen Kontinent verbreitet hatte,^so erfolgte das erste Verbot bereits 1735 in Holland, worauf laufend durch kaiserliche und königliche Dekrete die Logen in den jeweiligen Gebieten verboten wurden. Das Zeitalter des Absolutismus duldete keine Geheimgesellschaften. Auch das Denken der Päpste war weitgehend vom Gedankengut des Absolutismus geprägt, während die Freimaurerei mit ihren liberalen und humanitären Ideen die Aufklärung befruchtete. Das allein schon erklärt die Gegensätzlichkeit der Anschauungen. Clemens XII. erließ die erste päpstliche

Bulle gegen diesen Bund, was jedoch nicht verhinderte, daß etwa Kaiser Franz I., der Gemahl Maria Theresias, oder ein Jakob II. aus dem Hause Stuart und viele andere den Logen beitraten.

Sämtliche großen Denker Frankreichs ließen sich auf nehmen und führten die Blütezeit der französischen Freimaurerei herbei. So mag es auch verstanden werden, wenn Pius VII. nach der Niederwerfung Napoleons sich gegen die Freimaurerei in Rom wandte. Leo XII. machte dann die katholischen Fürsten darauf aufmerksam, daß diese liberale Bewegung die Beseitigung der Monarchie und der Religion beabsichtigen könnte. Auch die folgenden Päpste wandten sich in Enzykliken gegen sie und nannten sie schließlich „Wölfe im Schafspelz” und „Synagoge des Satans”. Unter Leo XIII. erreichte der Kampf der Kirche gegen die Freimaurerei mit der Enzyklika „Humanum genus” wohl seinen Höhepunkt. Sie ist im Wortlaut im Buch abgedruckt.

Die Freimaurerei fühlte sich durch diesen Kampf zutiefst beleidigt. Die Reaktion eines Leo Taxil, eines Logenmitgliedes in Belgien, darauf war fatal. Er wußte durch gewisse Machenschaften Papst, Bischöfe und Geistlichkeit vor der ganzen Welt bloßzustellen. Damit war aber auch der Höhepunkt der öffentlichen Auseinandersetzung überschritten, wenngleich sich die

Fronten verhärteten. Erst das Vatikanum II mit der Betonung der Gewissensfreiheit und der Verurteilung jedes Zwanges gab den Weg frei zum Abbau der Vorurteile. Die historischen Ereignisse, wie sie hier angeführt werden, sind für den Katholiken erschütternd und verpflichten zu einem Dialog!

Das letzte Kapitel des Buches beschäftigt sich mit dem Selbstverständnis der Freimaurerei. Nach eigenen Angaben sieht sie sich als „ein moralisches System durch Allegorien verkleidet und Symbole verdeutlicht”, als ein ,..Mittel fier Kommunikation auf einem höheren Niveau der geistigen Verwirklichung”, keinesfalls aber als Religion oder Religionsersatz.

Darüber hinaus möchte das Buch auf die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit zwischen Katholiken und Freimaurern aufmerksam machen. Wenn vor kurzem eine Reihe von Bischöfen und hohen Geistlichen der Freimaurerei geziehen wurden, mag dies im Zuge der neuen Verständigung, der Wiedergutmachung und Heimholung einer großen Gruppe von Menschen, vor allem in Lateinamerika, gesehen werden, die guten Willens sind.

KIRCHE UND FREIMAURER IM DIALOG. Von Rolf Appel und Herbert Vorgrimler, Verlag Josef Knecht, Frankfurt, 194 Seiten, öS 184,80.

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