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Kunder menschlicher Freiheit

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Am 3. Februar wäre Luigi Dalla-piccola 72 Jahre alt geworden: der Italiener zwischen Slawen und Österreichern, noch als Bürger der alten Monarchie in Istrien geboren, aufgewachsen in Triest und Graz, ausgebildet in Florenz, dem Geiste Busonis, Malipieros und Casellas entwachsen und dem Werke Schönbergs zutiefst verpflichtet. Vielleicht hätte seine Entwicklung einen ganz anderen Verlauf genommen, wäre nicht sein Vater, Direktor einer italienischen Mittelschule, während des Ersten Weltkrieges mit seiner Familie von den Österreichern nach Graz deportiert worden.

Damals mag der Keim zum unstillbaren Freiheitsdrang des Künstlers und zu seiner humanitären Haltung gelegt worden zu sein. Typisch für den Komponisten an der Völkerscheide sind auch seine beiden ersten musikalischen Götter: Wagner und Verdi, bezeichnend auch, daß es zwei Opernkomponisten waren, denn Dallapiccolas Lebenswerk, das am 19. Februar des Vorjahres endete, besteht zu mehr als der Hälfte aus Vokalwerken. Wahrscheinlich brauchte er die verbale Botschaft der Humanität, bevor er in Tönen von Gewaltlosigkeit, innerer Freiheit und verstehender Unterordnung unter das Gesetz singen konnte, in weit ausschwingenden Melodiebögen zumeist, die ihren vorgegebenen Bedingungen folgen, ohne daß sie den Zusammenklang als bloß zufälliges Ergebnis nebenhergehen ließen: dazu war er zu sehr Italiener, zu sehr doch auch der Tradition verhaftet, der er beispielsweise zwei den Mannen Tartinis verpflichtete Streichermusiken (1952, 1956) gewidmet hatte.

Weltruhm aber errang er als Zwölftonmusiker, der in der Auseinandersetzung mit Schönberg seinen eigenen Stil gefunden und unter anderem der Opernbühne das Ballett „Marsyas“ (in Zusammenarbeit mit Aurel von Milloss) und die Opern „Nachtflug“, „Der Gefangene“ und „Odysseus“ geschenkt hatte. Am 23. und am 30. April wird der ORF um 20 Uhr im Sender ö 1 seiner mit einer Aufnahme des Ensembles Kontrapunkte gedenken. Möge er dem musikalischen Bewußtsein unserer Stadt, in die er immer gern kam, auch als Vortragender nie entschwinden ...

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