6812000-1972_39_16.jpg
Digital In Arbeit

Lipizza, Piber, Hofburg

Werbung
Werbung
Werbung

Lipizza (auf slowenisch Lipica) heißt der kleine Ort in Istrien, In dem 1572 Erzherzog Karl II., der Herrscher des sogenannten „Innerösterreich“, das Steiermark, Kärnten und Krain umfaßte, ein Gestüt ins Leben rief, das seither weltberühmt wurde und den weißen Pferden, die dort gezüchtet wurden, für immerwährende Zeiten den Namen gab.

Erzherzog Karl war ein Sohn Ferdinands I., Neffe Karls V. und Enkel Johanna der Wahnsinnigen von Kastilien und Aragon. Somit selbst teilweise ein Spanier. Aber nicht diese Tatsache mag den steirischen Erzherzog bewogen haben, gerade in Lipizza ein spanisches Gestüt zu errichten. Er war ein großer Pferdeliebhaber, und in der damaligen Zeit spielte das spanische Pferd eine ähnliche Rolle wie das englische Vollblut heute. Es war aus einer Kreuzung von arabischen und berberischen Hengsten mit der iberischen Rasse zur Zeit der Maurenherrschaft entstanden und hatte alle Vorzüge, die von der damaligen großen Welt geliebt wurden, nämlich große Gelehrsamkeit in der Schulreiterei, enorme Körperkräfte, gepaart mit zierlichen Bewegungen.

Bis 1918 blieb das Gestüt in Lipizza. Mit dem Verlust dieses Ortes an Italien übersiedelte das Gestüt in den kleinen steirischen Ort Piber, in der Nähe von Graz. Hier kann der Besucher die Hengste, Stuten und vor allem auch die schwarzen Fohlen in ihrer natürlichen Schönheit und Wildheit bewundern. Und der Besucher kommt zu der Uberzeugung, daß die Barockkünstler in ihren plastischen Darstellungen, wie etwa bei den Salzburger Pferdeschwemmen, in keiner Weise die Natur übertrieben haben ...

Bis 1918 stand die Reitschule im Eigentum des österreichischen Kaiserhauses, nach 1918 ging sie in den Besitz der österreichischen Republik über. Und da es sich um Pferde handelte, teilte man die Spanische Hofreitschule kurz und einfach dem Landwirtschaftsministerium zu. Gemäß dem Motto: Pferd ist Pferd.

Die Hengste stellen ein enormes Kapital an Kulturpropaganda dar, um das viele Staaten, die reicher sind als Österreich, die Alpenrepublik beneiden. Die Pferde sind aber auch ein lebendes Zeugnis für Österreichs große Vergangenheit und eine ständige Mahnung. Nach 1918 sagte man in Deutschland: „Der Kaiser ging, die Generäle blieben.“ Der bekannte österreichische Historiker Professor Wandruska wandelte dieses Wort für Österreich ab, indem er sagte: „Der Hof verschwand, die Hofräte blieben.“ Man könnte diesen Spruch ergänzen: „Nicht nur diese, sondern auch die Hofreitschule.“

Neben den unzähligen Feiern, Festvorführungen und Publikationen zum derzeitigen Jubiläum der Weißen Pferde sticht der exklusive Bildband von „Furche“-Photograph Adolf Waschel, „Lippizanerhengste, Form und Bewegung“ (Verlag Typo-press, Wien, mit einem Leitwort des Herzogs von Edinburgh, besonders hervor. Was Waschel aus dem vielfältigen Material nicht veröffentlicht hat, zeigen wir auf dieser Seite: Pferde voll von Anmut, Natürlichkeit und Wildheit — der weite Weg von Piber bis in die Wiener Hofburg ...

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung