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Liszt-Festival

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Dem jubilierenden Burgenland wurde die Auszeichnung zuteil, Schauplatz des ersten europäischen Liszt-Festivals zu sein. Musikalischen Höhepunkt bildete, von Milan Horvath dirigiert, das Festkonzert des ORF-Orchesters im Haydn-Saal des Eisenstädter Esterhäzy-Schlos- ses. Dem Gast aus England, Louis Kentner, geriet das Es-Dur-Klavier- konzert bei reichlichem Pedalgebrauch ein wenig flach; angelsächsischer Nebel stand im Widerspruch zur madjarischen Sonne. Anders beim „Totentanz“, bei dem Horvaths Tempi die Klavierstimme in die authentischen Synkopen zwangen.

Die virtuosen Klavierteile des Konzerts waren eingerahmt von den Symphonischen Dichtungen „Festklänge“ und „Les Prėludes“. Hatte man während der Zwischenkriegszeit geglaubt, Liszt als „leeres Getöse“ abtun zu müssen, so gewann jetzt, was zur Gebrauchsmusik der Konzertsäle herabgesunken schien, in diesem gewaltig-gewaltsamen Schloß und in diesem herrlich akustischen Saal mit seinem rustikalen Barock und seinen treuherzigen Biedermeiereinbauten die harte Kraft ihres ungarischen Ursprungs. Rhythmus, ornamentale Floskeln, prunkender Farbenrausch und kriegerische Ausbrüche — alles war hier, „an Ort und Stelle“, ehrlich und neu wie am ersten Tag.

Das Liszt-Festival hatte am gleichen Tage in Raiding mit einer Aufführung der Missa Choralis und einem Festakt im wiederhergestellten Geburtshaus des Meisters begonnen. Milan Horvath definierte in seiner Ansprache Liszt als einen der ersten Europäer. Tags darauf setzten sich die Feierlichkeiten nach einer Burgenlandrundfahrt, wieder in Raiding, mit einem Klavierabend Louis Rentners und der offiziellen Gründung des „European Liszt Centre“ an dieser nun seit 50 Jahren in Österreich gelegenen Stätte des Ursprungs fort. Sie schlossen am dritten Tage mit einem Klavierabend des schwedischen Pianisten Lennart Rabes im Mozart-Saal des Wiener Konzerthauses.

Lennart Rabes spielte sein geschmackvolles und nicht alltägliches Programm der Tradition entsprechend diszipliniert, mit Liszts originaler Handhaltung. Nordisch nüchterne Verträumtheit kam den can- tablen Stellen auf eine sympathische Art zugute und profilierte um so mehr die notfalls trockene Schärfe des Forte-Fortissimo. Grußlos ins Nichts entschwindend: die „Vaisęs oubliėes“ Nummer 1 und 4. Unzerstörbarer Mythos: die späten Rhapsodien Nummer 17 und 19, der posthum veröffentlichte Csärd&s macabre. Ovationen und Draufgaben.

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