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Liszt-Geschichten

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Besuch in Weimar

Der 21jährige Johanneg Brahms-Twar rfaus Hamburg ÄeW Weimar gepilgert, um dem großen Liszt seine Aufwartung zu " machen. Er wurde aufgefordert vorzuspielen, weigerte sich indes, da er in Gegenwart des hochberühmten Mannes zu schüchtern war. Liszt nahm ihm die Noten aus der Hand, setzte sich selbst ans Klavier und spielte, ungeachtet der kaum lesbaren Schrift, aus Brahms Manuskripten. Dann erging er sich in entzückten Reden über die Schönheiten der Werke, pries den Komponisten als neues Licht der modernen Musik und setzte sich — als Kompliment für den jungen Genius — erneut ans Klavier, um ihm seine eigene, eben erst fertiggestellte Klaviersonate in h-Moll vorzuspielen. Als er sich während des letzten Satzes kurz umdrehte, um die Wirkung auf den Hörer festzustellen, mußte er zu seinem Entsetzen entdecken, daß der junge Mann — eingeschlafen war. Liszt hörte auf zu spielen, verließ schweigend den Raum - und weigerte sich, je wieder mit Brahms zu- sammenzukommeni.

Die Butter und der Käse

Tschaikowsky war auf Liszt nicht gut zu sprechen. „Ein alter Hypokrit , sagte er von ihm, „ein Komödiant — mit seiner ewigen ekligen Höflichkeit und Falschheit! Und als Komponist? Was macht er denn anderes, als immerfort fremde Kühe zu melken?“

Liszt lächelte, als man ihm den Wutausbruch hinterbrachte. „Fremde Kühe melken“, meinte er, „mag schon sein, daß ich das tue — aber die Butter und der Käse — die sind von mir, von mir allein!“

Papa Liszt

Liszts symphonische Dichtungen übten einen entscheidenden Einfluß auf Wagner, während er am „Ring des Nibelungen" arbeitete. — Zwanzig Jahre später spielte Liszt (so erzählte Wilhelm Kienzl, der der Szene beiwohnte) während einer Gesellschaft im Hause Wahnfried seine Faust-Symphonie. Als er im ersten Satz bei dem großen Hauptmotiv angelangt war, das solch verblüffende Ähnlichkeit mit der Sieglinde-Musik in der „Walküre“ hat, rief ihm Wagner lachend zu: „Du, Papachen, mir scheint, das hab’ ich dir seinerzeit gestohlen!“

Liszt winkte freundlich ab: „Na schön, dann hören’s doch wenigstens die Menschen!“

Hofkonzert in Wien

Die politischen Differenzen zwischen Österreich und den Ungarn waren auf ihrem Höhepunkt angelangt, als es Franz Liszt, der ungarische Patriot, wagte, während eines Hofkonzertes in der Wiener Burg den verpönten Räköczymarsch zu spielen. Der Hof erstarrte vor Schrecken — doch der junge Kaiser Franz Joseph erhob sich, ging auf Liszt zu und drückte ihm die Hand. „Würden Sie uns das Vergnügen machen, Herr Liszt, den Ra- köczymarsch zu wiederholen — es ist ein so glänzendes Stück —, und Sie wissen wohl, wie selten ich Gelegenheit habe, es zu hören!“

Geld

Es war im fahre 188 5, als ein Konzertagent nach Bayreuth kam und Liszt zwei Millionen Mark anbot, falls er sich zu einer amerikanischen Tournee entschließen wollte. „Zwei Millionen Mark“, meinte der Meister. „Ja, sagen Sie mir, Verehrtester, was soll wohl ein einsamer alter Mann von 74 lahren mit zwei Millionen Mark anfangen?"

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