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Papst Pius IX. bei Franz Liszt

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Die nachfolgenden Aufzeichnungen fand ich kürzlich unter den mir von Hofrat Ludwig K a r p a t h, dem Wiener Musikschriftsteller und Konsulenten des Unterrichtsministeriums, im Jahre 1936 übergebenen Papieren. Da der darin geschilderte Papstbesuch in den bisherigen Liszt-Biographien nur ganz flüchtig erwähnt wird, darf der durch einen verschollenen zeitgenössischen Brief dokumentierte Bericht auch jetzt noch besonderes Interesse beanspruchen. Er lautet auszugsweise:

Keinem zweiten Künstler wurde so viel und so herzlich gehuldigt wie Franz Liszt. Die höchste Auszeichnung, die dem frommen Katholiken zuteil wurde, war aber zweifellos ein Besuch von Papst Pius IX. am 11. Juli 1863. Kurz vorher hatte Liszt das von ihm von Pater Theiner, dem Archivar des Vatikans, verschaffte Logis im Hause der Oratorianer „Madonna del Rosario“ auf der mittleren Höhe des Monte Mario, ungefähr eine Stunde von Rom, bezogen. Es war dies einige Monate nach jener tragischen Zeit, in der der Papst Liszts Ehe mit der Fürstin Caroline Sayn-Wittgenstein zunächst erlaubt und dann wieder verboten hatte. Nach der erschütternden Tragödie, die er hatte durchkämpfen müssen, verbrachte Liszt damals seine Tage in Rom in sehr resignierter Stimmung. Er hatte zwar noch nicht die Weihen genommen — dies geschah erst im Juli 1865 —, aber er vertiefte sich immer mehr in religiöse Gedanken und hatte sich damit abgefunden, in der Entscheidung des Papstes eine unabänderliche Fügung des Himmels zu erblicken.

Papst Pius IX. war Liszt seit jeher sehr gewogen gewesen. Als ein besonderes Zeichen seiner freundlichen Gesinnung darf sein Besuch bei dem Künstler gelten, den eine italienische Dame in einem Brief an Liszts Mutter folgendermaßen schilderte:

„Rom, den 14. Juli 1863 Sie haben so oft die Nachricht und die Be-

Schreibung der seltenen Ehren erhalten, deren Ihr Sohn teilhaftig wurde, daß Sie dies alles gewiß schon gewohnt sind. Indes ist er eben jetzt einer so hohen und ungewohnten Gunst teilhaftig geworden, wie ihm keine seltenere und ungewohntere widerfahren konnte. Es ist daher unmöglich, daß diese Gunst als die, wenn auch verdiente und gerechte, doch ebenso unerwartete wie nicht vorhergesehene Krönung seiner schönen und edlen Laufbahn, der wunderbaren Reinheit seines Charakters und seines kostbaren und erhabenen Genies Ihr mütterliches Herz nicht warm berühre. — Ich denke, Sie wissen, daß Ihr Sohn vor nicht langer Zeit auf dem Monte Mario seinen Aufenthalt nahm, und zwar beim Pfarrer der Kirche Madonna del Rosario, der ihm einige Zimmer des Presbyteriums überließ. Unser Heiliger Vater benützte die Gelegenheit und wollte ihn der Ehre eines Besuches teilhaftig machen, die in den Annalen der Päpste beispiellos ist; denn durch die Etikette sind die Päpste nur auf den Besuch der Gotteshäuser, der Armeninstitute und der Fürstlichkeiten beschränkt. Von dieser Regel machte unser Heiliger Vater eine Ausnahme, indem er vor zwei Tagen zu Liszt kam. Er stieg vor der Tür der Kirche ab, wo Ihr Sohn ihn auf den Knien empfing, nachdem der Großalmosenier Kardinal Fürst Hohenlohe ihn vorher von dem hohen Besuch in Kenntnis gesetzt hatte. Der Papst betete zunächst am Altar; dann ging er, von dem berühmten Merode und anderen Geheimen Räten begleitet, zu Ihrem Sohn, bei dem er anderthalb Stunden verweilte, worauf er ihm, wie auch schon beim Kommen, den Apostolischen Segen erteilte. Er kam mit seiner gewohnten festlichen Begleitung; mit ihm war sein Hofstaat, darunter die acht Nobelgardisten zu Pferde. Weder Raffael noch Michelangelo nSch irgendeinem der genialen Männer, die von den

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Päpsten mit soviel Zeichen der Gnade und Freundschaft überhäuft wurden, ist je eine solche persönliche Würdigung, eine solche Kundgebung der Güte des Heiligen Vaters zuteil geworden. Ihr Mutterherz kann sich mit Recht freuen; wenn schon die Gunstbezeigungen der Könige von großem Gewicht sind, was sollen wir von einem Statthalter Gottes sagen, der, einzig auf der Welt, das doppelte Symbol der weltlichen Herrschaft und der Erhabenheit der sittlichen Heiligkeit an sich trägt. — Ich konnte dem Drange nicht wiederstehen, Sie, verehrte Mutter, von diesem Erlebnis sofort in Kenntnis zu setzen. Ihre wunderbare Liebe zu Ihrem Kind wird davon gewiß tiefe Befriedigung fühlen und Gott dafür als für eine Ehre danken, die wahrhaft selten ist, obwohl in seinem wie auch in Ihrem Leben.“

In diesem Brief der italienischen Dame fehlt, trotz aller Ausführlichkeit, eine interessante Einzelheit: Der Papst ließ sich nämlich nicht die Gelegenheit entgehen, Liszt spielen zu hören. Die erste Nummer der auf dem Monte Mario komponierten „Legenden“, die gerade damals vollendete „Vogelpredigt des heiligen Franziskus von Assisi“, bildete das Hauptstiick des improvisierten Konzerts, dessen Verlauf Pio Nono außerordentlich befriedigte.

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