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Im Dienst des Sohnes

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Am 31. Juli jährt sich der Todestag von Franz Liszt zum hundertsten Male. Neben Budapest und Eisenstadt ist auch Niederösterreich und vor allem Krems Schauplatz besonderer Würdigungen.

Liszts Beziehung zu Krems ergibt sich aus dem Umstand, daß hier am 9. Mai 1788 seine Mutter Anna Maria als Tochter des Bäk-kermeisters Matthias Lager geboren wurde. Mit neun Jahren verwaist, war sie früh auf sich selbst gestellt und wuchs bei Verwandten als Magd und Kindermädchen auf. Ihre Bildung erhielt sie von einer Dame, der sie als Stubenmädchen diente. Kurz nach ihrer Heirat, im Jänner 1811, mit dem Rechnungsamtschreiber des Fürsten Esterhäzy, Adam Liszt, kam ihr Sohn Franz Liszt zur Welt.

Der musisch interessierte Vater erkannte die große Begabung des Knaben und förderte ihn über seine Möglichkeiten hinaus. Während einer Konzerttournee durch Frankreich starb Adam Liszt, und der noch nicht sechzehnjährige Franz Liszt holte seine Mutter nach Paris, wo sie ihm fortan den Haushalt führte. 1835, als der junge Liszt sich mit der Gräfin d'Agoult in der Schweiz niederließ, blieb die Siebenundvierzig-jährige allein in der Fremde.

Ihr Pariser Leben bestand ausschließlich darin, Madame Liszt, die Mutter des Künstlers, zu sein. In ihrem bescheidenen Heim verkehrten berühmte und hochgestellte Personen. Immer wieder schickte ihr der Sohn jemanden, um den sie sich kümmern sollte. Sie hatte die Korrespondenz und die Geschäfte ihres Sohnes in seiner Abwesenheit zu besorgen, mit Verlegern zu verhandeln, kurz, sie war der einzige verläßliche, fixe Punkt im turbulenten Leben Franz Liszts. Sie blieb, auch auf der Höhe seiner Triumphe, immer die einfache, rechtschaffene Frau, die sie war. Sie fand Kontakt mit jedermann.

Nach der Trennung Franz Liszts von der Gräfin Marie d'Agoult kamen die drei Kinder des Paares — Blan-dine, Cosima (die spätere Gattin Richard Wagners) und Daniel — in die Obhut ihrer Großmutter.

Besonders zu ihrer Enkelin Blandine hatte Anna Liszt enge Beziehung; im Haus der Enkelin wurde sie nach einem Schenkelhalsbruch bis zu ihrem Tode 1866 gepflegt. Auf dem Friedhof von Montparnasse fand sie ihre letzte Ruhestätte.

Anna Liszt, die der Meinung war, ihr äußerst lebhafter und sprunghafter Sohn sei für den Priesterstand ungeeignet, kämpfte ein Leben lang gegen den Eintritt des Komponisten in den geistlichen Stand. Sie mußte sich, ein Jahr vor ihrem Tod, mit Liszts Entscheidung abfinden. „Dein Schreiben vom 27ten avril welches ich gestern erhielt erschütterte mich, und ich brach in Thränen aus“, schrieb sie an den Sohn. „Verzeih mir...“

Die von der Niederösterreich-Gesellschaft für Kunst und Kultur, der österreichischen Donaukraftwerke AG und dem Historischen Museum der Stadt Krems gestaltete Ausstellung des Donaueuropäischen Frühlings ist in der Dominikanerkirche in Krems bis zum 30. September zu sehen. Musikalisch ergänzt wird die Präsentation durch das Rasumof-sky-Quartett sowie durch drei Konzerte prominenter Pianisten: Boris Bloch, James Tocco und Rudolf Buchbinder.

Die Ausstellung widmet sich einem der vergessenen Kapitel der Musikgeschichte, dem bescheidenen Leben der Mutter eines internationalen Stars, Pianisten und Komponisten, das wohl eine unabdingbare Voraussetzung für die Erfolge des Sohnes bildete. Ein Teil der Dokumente und Briefe — Zeugnisse der Sorge und Liebe - wird der Öffentlichkeit zum ersten Mal zugänglich gemacht

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