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Mülldiskont

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Der bevorstehende Wegfall des .Jjuxuszuschlags“ bei der Mehrwertsteuer für bestimmte Warengruppen sorgte nicht nur für eine Diskussion der innerparteilichen Umgangsformen (Stichwort Katalysator), sondern auch für eine beträchtliche Unruhe in den betroffenen Branchen. Vor allem im Elektrohandel.

Wer wird sich wohl jetzt noch ein Gerät kaufen, das er schon im April um rund neun Prozent billiger bekommt? (Das ergibt die Reduktion des Steuersatzes von 32 auf 20 Prozent, bezogen auf den Verkaufspreis.) Folgerichtig setzten viele Händler schon jetzt den Preis entsprechend herab, um ihr teures Personal nicht zwei Monate fürs Daumendrehen bezahlen zu müssen.

Ein Grund zum Jubeln für uns Konsumenten?

Ich bin mir nicht sicher. Denn natürlich muß auch diese Preissenkung aus der Spanne des Händlers finanziert werden. Und die ist, ungeachtet der Erhebungen der Arbeiterkammer, wonach deutsche Konsumenten die gleichen Geräte billiger kaufen können, längst schon unter gewaltigem Druck.

Weshalb auch jene Händler, die noch eine echte Fachberatung und Reparaturen zu erschwinglichen Preisen anbieten, schon angekündigt haben, diese Nebenleistungen reduzieren zu müssen. Weil sie immer häufiger die Erfahrung machen mußten, daß Interessenten wohl ihre Beratung nützten, die Geräte aber dann bei einem um die eingesparten Beratungskosten billigeren Diskonter kauften.

Es dürfte einsichtig sein, daß wir uns als Konsumenten nicht auf Dauer beider Vorteile — Superservice und Niedrigstpreis — erfreuen können. Irgendwann wird — wie in anderen Branchen — der Preis so ausgereizt sein, daß einfach kein Service mehr drinnen ist. Oder es werden eben die Reparaturen so teuer sein, daß sie sich in den seltensten Fällen lohnen.

Bei Uhren oder Kleingeräten mag das unproblematisch sein. Das ist, auch wenn's einem persönlich wehtut, ein fast intaktes Gerät wegzuwerfen, der Preis des Produktivitätsfortschrittes.

Man stelle sich aber einmal vor, die zweieinhalb Millionen österreichischer Haushalte wechseln künftig doppelt so schnell ihre Waschmaschinen, ihren Geschirrspüler, ihren Fernseher, weil ein neues, noch dazu schon weiterentwickeltes Gerät kaum mehr kostet als selbst die lächerlichste Reparatur! Ob der Preisvorteil dann wohl reicht, um uns diesen riesigen Müllberg umweltfreundlich vom Halse zu schaffen?

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