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Nächstenliebe im Scheinwerfer

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Nächstenliebe im Scheine der Jupiterlampe möchte man die reportageartige Biographie der vielfach ausgezeichneten Mutter Teresa des Desmond Doig nennen. Es wäre aber besser, die gleißenden Neonröhren abzudrehen, damit das Jesuswort der Bergpredigt erfüllt würde: „Wenn du Almosen gibst, soll deine Linke nicht wissen, was deine Rechte tut, damit dein Almosen im Verborgenen bleibt. Dein Vater, der ins Verborgene sieht, wird es dir vergelten.” Von der Ungleichmäßigkeit in der Beurteilung anderer Missionsgesellschaften, die sich mit gleicher Intensität um die Verwirklichung der Nächstenliebe kümmern, sei erst gar nicht geredet! Unterliegen nicht alle Meteore der Caritas der Gesetzmäßigkeit der Geschichte, daß mit dem Erlöschen des Sterns ein mühsames Tasten nach dem Weg in die Zukunft beginnt?

Nichts über die Unabdingbarkeit ihres Auftrags in ihrer Zeit, er ist notwendig wie eine geologische Eruption in einer unwegsamen Landschaft! Deckt vielleicht das Wirken Mutter Teresas in Indien, Südamerika und in den Slums Roms zu, was uns bei unseren nächsten Angehörigen und Hausgenossen abhandengekommen ist?

Liebe! Erstarrung der Herzen in tel- lurischer Kälte! Ist sie Rechtfertigung für unsere Uninteressiertheit für die Dritte Welt, unser Abseitsstehn für die soziale Not und die uns von allen Seiten bedrängende Einsamkeit der Herzen? Die Werke ihrer Nächstenliebe kommen aus den Nöten unserer Zeit, aber außer einigen Allgemeinsenten- zen christlicher Botschaft werden die theologischen Hintergründe ihrer Tätigkeit nur wenig ausgeleuchtet. Konglomerate aus Meditation und sozialer Hilfstätigkeit sind nur allzusehr der Erosion des einen oder des anderen ausgesetzt.

Fragwürdig bleibt die Aussage über den Aufbau der jungen Ordensgemeinschaft. Mit Intuition lassen sich Augenblicke überwachen, aber nicht Jahrzehnte planen. Es scheint aber bei allen Ordensgründern so zu sein, daß Gott im entscheidenden Augenblick die Praktiker in die betreffende Gemeinschaft einzuschleusen pflegt, um den weiteren Bestand zu sichern. Die Relativierung des absoluten Armutsgelöbnisses in den ersten Anfängen der franziskanischen Bewegung hat sich bisher des öfteren wiederholt, auch bei den Missionärinnen der Nächstenliebe konnte sie schon beob achtet werden. Auch das Bildmaterial läßt nur Mutter Teresa im Blickpunkt, von den anderen Bewältigungen der Armut des Subkontinents Indien findet sich leider nichts.

MUTTER TERESA - Ihr Leben und Werk in Bildern. Von Desmond Doig. Herder, Freiburg - Basel - Wien. 187 Seiten, öS 227,20.

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