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Nestroy mit falschen Zähnen

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(Nestroy-Spiele, Schwechat bei Wien; „Freiheit in Krähwinkel” von Johann Nestroy) Einerseits gelang Regisseur Peter Gruber eine optisch und schauspielerisch interessante, die ehrgeizigen Schwecha-ter Laienspieler sicherlich weiterführende Aufführung, die sehenswert und zeitweise unterhaltend ist.

Auf der anderen Seite aber wird durch sein Konzept der Aktualisierung um jeden Schleuderpreis nicht nur aus dem Theaterstück ein Kabarett, woran wenig auszusetzen wäre - der Versuch, Nestroy falsche Zähne einzusetzen, führt dazu, daß er seinen Biß verliert.

Statt Metternich tritt also jetzt plötzlich Kissinger auf. Und natürlich lachen die Leut'. Doch Nestroys Warnung vor der Wiederkehr der alten Mächte geht damit unter. Dies nur als Beispiel.

Effekt der Aktualisierung: Nestroy wird auf unverbindliche Fortschrittlichkeit getrimmt, wie sie heute falsch ist. Auf der Strecke bleibt der unbarmherzige Menschenkenner, bleibt jener Nestroy, der den Revolutionären den Spiegel vorhielt, weil er erkannte, daß sie im Begriff waren, die Revolution zu vorspielen.

Offenbar war Nestroy alles andere als ein unpolitischer Kopf, sondern erkannte, wie die Dinge liefen -und vermied es genau deshalb, sich zu sehr zu exponieren. Daher die eigenartige Ambivalenz der „Freiheit in Krähwinkel” und die Schwierigkeit, dieses Stück heute auf seinem, Nestroys Niveau, zu interpretieren.

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