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Nochmals Henz

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Während des großen Sturms des Zweiten Weltkriegs schrieb Rudolf Henz, all seiner öffentlichen Funk­tionen beraubt, den „Großen Sturm", einen Roman vom Unter­gang der auf der Dualität von Kai­ser und Papst fußenden Reichsidee und deren Trägern, der Ritterschaft, eines Standes, der Schutz und Trotz, Wehrhaf tigkeit und Wahrhaftigkeit harmonisch verbinden sollte.

Das Werk ist nicht nur von Henz in seiner Lebensmitte geschrieben worden, es bildet auch die Achse seines Schaffens. Geht im Roman im apokalyptischen Sturm von 1230 das Hochmittelalter zugrunde, so zeichnet sich in seiner „Kleinen Apokalypse" (1977)die Überlebens­krise einer ganzen Kultur, ja viel­leicht der Welt ab. Der Aspekt der Dauerkrise gehört somit zum Welt-und Geschichtsbild des Autors.

Diesem-Roman kommt eine zen­trale Bedeutung in seinem Leben und Schaffen zu, weil er in ihm einen Protagonisten seiner eigenen Weltsicht und Lebensstimmung ge­funden hat, dessen kulturhistori­scher Rang seine Gestaltungskraft steigert und beflügelt: Walther von der Vogelweide. Mehr als tausend Jahre nach den römischen Porträt­plastiken ist er der erste, der in sei­ner individuellen Bedingtheit un­verwechselbar vor uns ersteht.

Im Werk und Wesen von Rudolf Henz findet sich vieles, das an Wal­ther gemahnt: Der Unmutston, die Schelte, mächtig und grollend, das politische Engagement, die Fülle der sozialen Verflechtungen und nicht zuletzt die Liebe zu aller Krea­tur und deren Schöpfer. So formt Rudolf Henz aus der leidenschaft­lichen Schaffenskraft seiner festen Mannesj ahre einen historisch plau­siblen, in seinem präzisen Zeitko­lorit überzeugenden, für die öster­reichische Epik wichtigen Roman.

DER GROSSE STURM. Ein Roman um Wal­ther von der Vogelweide. Von Rudolf Henz. Styria Verlag, Graz/Wien/Köln 1989. 304 Sei­ten, öS 350,-.

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