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Aus dem Schaffen von Rudolf Henz

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österreichische Trilogle (Klage, Preislied, Mahnung). Gedichtsammlung. Verlag Herold, Wien. 56 Seiten.

.Unter Spöttern ist es schwer zu singen.“ In dieser Zeile hat der Lyriker Rudolf Henz in seiner ganzen herben Art das herbe Schicksal des österreichischen Dichters und der österreichischen Dichtkunst eingefangen. Auch seine Trilogie hebt zuerst mit der Klage an, wie sie der musische Geist in diesem Land seit Walther immer wieder erheben mußte, schwingt sich auf zum volltönenden Preislied all der Tugenden und Schätze des österreichischen Wesens, die dem Auge des Toren meist verborgen bleiben, um in der Mahnung zu gipfeln: .Ehrt euch selbst, daß sie euch ehren I

Es ist viel Lebensweisheit und viel bittere österreichische Erfahrung in diese Trilogie eingegangen, diie fast nach dem Baugesetz einer dreisätzigen Sonate mit Anklängen an die strenge Kirchentonart geschrieben worden ist. Der Lyriker Rudolf Henz hat mit diesem Werk nicht nur seinem Volk ein würdiges Denkmal gesetzt, er hat ihm auch einen Weg gewiesen zur Wiedererlangung eines gesunden Selbstbewußtseins, dessen es heute mehr denn je bedarf. Es wäre endlich an der Zeit, daß unsere Dichter, die nach einem bitteren Worte Josef Wednhebers, seit Grillparzer alle tot sind, für unsere Seelen endlich wieder lebendig würden. Aus den Versen Rudolf Henz' strömt österreichisches Leben in die geist- und blutleeren Adern unseres depra-vierten Oberflächendaseins. Höret und ehret diesen Dichter, wenn ihr euch nicht selbst verlieren wollt! Dies Buch sollte von den jüngsten bis zu den ältesten Österreichern gelesen werden! Dr. Philipp Noel

Der große Sturm. Roman um Walther von der Vogelweide. Verlag Herold, Wien. 368 Seiten.

Wer das epische Werk von Rudolf Henz kennt, wird mir zustimmen, wenn ich den .Großen Sturm“ den tiefsten seiner Romane nenne. Es zieht ein Weh durch das ganze Buch, das Weh der österreichischen Kreatur, die sich unverändert fühlt, unverstanden im Besten, das sie in sich weiß. Es war genial, daß Rudolf Henz dasselbe Weh des Unverstandenseins, mehr noch: das tiefe Leid des Nichtverstandenwerdenkönnens in der menschlichen Erscheinung und in der dichterischen Gestalt Walthers von der Vogelweide erfaßte, heraushob und formte. In der Art, wie in diesem Buche der altgewordene Minnesänger rückschauend sein Leben sieht und erklärt, liegt vielleicht der stichhaltigste Beweis (der bekanntlich dokumentarisch nicht zu erbringen ist) für Walters Herkunft aus Österreich. Hier bewährt sich wieder einmal aufs schönste das tiefe Wort Marie von Ebner-Eschenbachs: .In einem guten Buch steht mehr, als sein Verfasser hineinzuschreiben meinte.

Der fahrende Sänger war des Fahrens müde geworden, müde auch des wechselnden und doch immer um dasselbe kreisenden politischen Getriebes, dem er so lange sein Wort und seine Stimme geliehen hatte. In den stillen Jahren seines Seßhaftseins auf dem kleinen Lehen bed Würzburg, das er endlich errungen hatte, erkannte er aber auch, einsichtsvoll und schmerzlich, daß seine hohe Kunst es müde geworden war, zu den Men-•chen zu sprechen, die längst auf andere Töne horchten und nach neuen Weisen verlangten, die ihm fremd, ja barbarisch klangen. Eine neue Zeit war gekommen, er konnte und wollte sich nicht zu ihr verstehen. Was sie künstlerisch verlangte und bot, schien ihm eine modische Abirrung, vor der das Ererbte gewahrt und geschützt werden müsse, um erhalten zu bleiben und in eine spätere, bessere Zeit wirken zu können. Wieder ein Weh, das die späten Tage des Sängers umdüsterte, aber doch fehlt auch das Versöhnliche nicht: in der Gestalt des jungen Ritters und Sängers Gottfried von Neuffen tritt ihm die neue Zeiit menschlich nahe, in Verehrung und Hochachtung. Vom Neuffener treu geleitet und umsorgt, tritt Walther seine letzte Sängerfahrt an, um für den Kreuzzug zu werben, der allein — jenseits aller Tagespolitik — ihm noch am Herzen liegt. Sie ziehen durch sein heimatliches österreichisches Land, das ihm noch einmal all seinen Zauber erschließt und ihn, den längst schon Kranken, sacht in die himmlische Heimat führt. So durfte sein leidvoll gesegnetes Leben sanft erlöschen, uns aber bleibt, unauslöschbar, die Segensfülle dieses Lebens: Walthers von der Vogelweide Lied.

Nur ein Dichter konnte diesen wundervollen Stoff gestalten, nur ein Dichter uns den großen Sänger nahebringen, so nahe, wie es doch nur dem gegeben Ist, den eine starke und lebendige innere Beziehung mit dem

Menschen verbindet, den er darzustellen wagt — denn es bleibt allemal ein Wagnis, und überall dort, wo diese innere Beziehung, diese Wesensverwandtschaft fehlt, also bei der großen Mehrzahl aller Biographien, kann wohl ein Buch zustande kommen, das fesselt uhd interessiert, nicht aber eines, das uns so im Tiefen ergreift und aufrührt wie dieses wesenhaft dichterische Werk von Rudolf Henz, Paul Thun-Hohenstein

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