Corona-Krise: "Viribus unitis" - 2020

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Keine zwei Wochen ist es her: Der Koffer war gepackt, das Auto startbereit. In letzter Minute aber haben wir auf die Fahrt zum großen Familienfest verzichtet – die Corona-Sorge hatte unsere Vorfreude überwältigt. Bald war auch das Fest abgesagt und das Hotel dankte sogar für unser Fernbleiben; es sperrte zu. Tags darauf war der ganze Ferienort in Quarantäne.

So schnell hatte ein unsichtbarer Feind das Leben verändert. Österreich, Europa, die Welt – alle fielen in die große Starre. Niemand weiß heute, wie lange uns das Unnatürliche, Außergewöhnliche dominieren wird. Und auch die Suche nach historischen Parallelen greift ins Leere. Ja, beim Drama von „9/11“ haben wir eine ähnliche Verwundbarkeit gespürt. Und: Ja, auch beim Banken-Crash 2007/08 war bereits die dunkle Seite der Globalisierung spürbar. Nur: Etwas weit Schlimmeres als Hilflosigkeit und Panik ist jetzt am Werk.

Es ist der totale Zwang zur Isolation, wo wir doch gerade das Gegenteil bräuchten: Beruhigung durch Gemeinschaft, Trost durch Miteinander. Aber alle gewohnten Entlastungs-Angebote – Konzerte und Gottesdienste, Fußball und Gasthaus, Familie und Freunde – alle sind verboten. „Soziale Distanzierung“ heißt der globale Auftrag. Schärfer ist der Widerspruch nicht formulierbar: Wie kann Abschottung jemals sozial sein?

"Wo Gefahr droht, wächste das Rettende auch"

Ein verrückter Zustand. Und doch: Oft entsinne ich mich jetzt der Weisheit, die uns (der vor genau 250 Jahren geborene) Friedrich Hölderlin mitgegeben hat: „Wo Gefahr droht, wächst das Rettende auch!“ Dann frage ich mich: Wie lange muss die Bedrohung andauern, bis wir die Chance nützen? Und was werden wir lernen? Von allen Seiten tönt in diesen Tagen die Hoffnung, die Corona-Krise werde „das Angesicht der Erde verändern“. So optimistisch bin ich (noch) nicht.

Ja, da ist viel Herzerwärmendes unterwegs: Eine Welle der Solidarität und Dankbarkeit, des Mitgefühls und der Nächstenhilfe, im Kleinen und Großen. „Viribus unitis“ – der Wahlspruch von Kaiser Franz Joseph I. – war (und ist) in die Gardinen meines einstigen Arbeitszimmers in der Wiener Hofburg eingestickt: „Mit vereinten Kräften“. Oder „Mit vereinten Viren“? Schon zur Zeit der Monarchie war es eine recht ambivalente Parole von Gemeinsinn und Bedrohung: „Viribus unitis“ hieß ja auch ein stolzes Schlachtschiff der k. u. k. Kriegsmarine.

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