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„Oft schon 14jährige…“

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FURCHE: New York City verlor in den letzten fünf Jahren durch Heroin 2935 Menschenleben, mehr, als es Verkehrstote gab. In Großbritannien registrierte man 1970 2700 Heroinsüditige und befürchtet bis 1973 ein Anwachsen auf etvM 10.000. Vor einem Jahr wurden auch in Berlin die ersten zwanzig dem Heroin Verfallenen in eine Nervenklinik eingevnesen. Gibt es audi in Osterreich Anzeichen dafür, daß Haschisdi-raucher auf härtere Drogen um-

HOFFM!ANN: Gflücklidierweise nidit auf Heroin; es ist jedoch leider eine „Wiener Spezialität",

daß fast jeder zweite, der mit dem Suchtgiftgesetz in Konfiikt kommt, opiumhaltige Stoffe injiziert während in den westlichen Bundesländern hauptsächlich der Konsum von Haschisch bevorzugt wird. Da der Besitz oder Genuß von LSD in Österreich nicht inkriminiert ist erfreut sich auch dieses Präparat in den einschlägigen Kreisen zunehmender Beliebtheit. FURCHE: Wie hoch schätzen Sie den Prozentsatz an verbotenen Drogen, die von Ihren Beamten sichergestellt werden können, und in welchen Kreisen sind die Fahnder am erfolgreichsten?

HOFFMANN: Idi schätze, daß wir, wie auch die meisten Polizeidienststellen in der ganzen Welt, mir rund zehn Prozent der im Lande befindlichen Suditmittel beschlagnahmen können; man muß grundsätzlidi drei ver-sdiiedene Ebenen bei unseren „Klienten" unterscheiden: • In Lokalen, Schulen und bei Partys kommen oft schon Vierzehn- bis Sechzehnjährige erst-

mals mit Suchtmitteln in Berührung;

• die Gruppe der Gelegenheitshändler, die neben dem Konsum soldier Stoffe den Handel mit diesen als Einkommensquelle benutzen und hafuptsächlidi in einschlägigen Lokalen ihre Gesdiäfte abwidteln;

• die professionellen Geschäftemacher, für die der Handel nur in Kilogrammkategorien interessant ist

Leider sind uns auf Grund der Gegebenheiten nur -auf den beiden erstgenannten Ebenen zielführende Operationen möglidi. FURCHE: Aber finden Sie mit Ihren fünf Beamten des Suchtgiftreferates das Auslangen? HOFFMANN: Es ist eine Art Existenzminimum, mit dem ich wohl auskommen muß. Ich sehe die wichtigste Aufgal>e der Polizei in der Bekämpfung des echten Suchtgifthandels, der ja die Voraussetzung zur Ausweitung des Mißbrauchs schafft. Daher kommt es besonders auf die Schlaglcraft der eingesetzten Truppe an, die nidit unbedingt von ihrer zahlenmäßigen Stärke alshängt. FURCHE: Halten Sie die beab-siditigte Reform des Suditgift-gesetzes für nötig? HOFFMANN: Idi begrüße vor allem die geplante Straffreiheit für Personen, die nach erstmaligem Kontakt mit Suchtmitteln den Willen zeigen und auch beweisen, daß sie nidit in Abhängigkeit von diesen Stoffen geraten wollen. Es handelt sidi doch in den meisten dieser FäUe um Opfer, denen Leiditsinn und Neugierde zum Veihängnis wurde. FURCHE: Was versprechen Sie sich von der zur Zeit in Wien tagenden UNO-Konferenz? Werden nun auch psychotrophe Stoffe intematUnml verboten?

HOFFMANN: Die baldige Annahme des im wesentlichen vor einem Jahr erarbeiteten Textes wird zweifellos einen großen Fortsdiritt in der internationalen Bekämpfung des Suditgifthan-dels und damit auch des Sucht-giftmlObraudis darstellen. Da aber mindestens drei Jahre bis zum Inkrafttreten des Vertrages verstreichen werden, wäre eine gesetzlidie Zwisdienlösung, vor allem, was therapeutisdi wertlose, aber äußerst gefähriiche Stoffe, wie LSD, Mescalin, STP und andere mehr betrifft, vielleicht doch angebracht.

Mit Dr. Hoffmann spradi Winfried Eder.

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