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Umstrittener Konig Pierre

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Als die Popularität des Premierministers Pierre Trudeau ihren Höhepunkt erreicht hatte, nannten ihn seine Bewunderer seiner souveränen Amtsführung wegen „König Pierre“. Eine Reihe von Skandalen, der Vormarsch der Inflation und eine Streikwelle haben zu einem rapiden Absinken seines Prestiges geführt. Noch nie stand der charismatische Politiker, der seit 1968 die Geschicke Kanadas führt, so sehr im Kreuzfeuer der Kritik wie in diesen Tagen. Als der Streik bei Kanadas Post bereits 40 Tage währte, bemerkten immer mehr „Canucks“, daß Kanadas „Image“ in der Welt auf das eines Mickey-Mouse-Lancjes oder einer Bananenrepublik abgerutscht sei.

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Als die Popularität des Premierministers Pierre Trudeau ihren Höhepunkt erreicht hatte, nannten ihn seine Bewunderer seiner souveränen Amtsführung wegen „König Pierre“. Eine Reihe von Skandalen, der Vormarsch der Inflation und eine Streikwelle haben zu einem rapiden Absinken seines Prestiges geführt. Noch nie stand der charismatische Politiker, der seit 1968 die Geschicke Kanadas führt, so sehr im Kreuzfeuer der Kritik wie in diesen Tagen. Als der Streik bei Kanadas Post bereits 40 Tage währte, bemerkten immer mehr „Canucks“, daß Kanadas „Image“ in der Welt auf das eines Mickey-Mouse-Lancjes oder einer Bananenrepublik abgerutscht sei.

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Eine der ungewöhnlichsten Affären des Augenblicks betrifft den Senator Louis de Giguere. Er war der politische Mentor Trudeaus, als der Mohtrealer Millionärsproß noch ein politisch ambitionierter junger Universitätsprofessor war. Wenige Wochen nach seinem Amtsantritt ernannte Premierminister Pierre Trudeau die „graue Eminenz“ der Liberalen Partei in Quebec zum Senator.

Nun wurde bekannt, daß Senator Giguere ein Aktienpaket, das er für 5000 Dollar erworben hatte, fünf Monate später mit einem Reingewinn von 95.000 Dollar verkaufen konnte. Die Vorgeschichte ist interessant. Als die Sky-Shops (Himmelsgeschäfte) Gefahr liefen, die exklusive Lizenz für den Verkauf zollfreier Waren auf Quebecs internationalen Flugplätzen zu verlieren, sank der Wert ihrer Aktien. Senator Giguere, dessen engster politischer Alliierter Jean Marchard (Transportminister und Führer der Liberalen Partei in Quebec) war, glückte es, nach dem Kauf der Sky-Shops-Aktien die Erneuerung der Konzession zu erreichen. Nachdem ihm dieses „Kunststück“ gelungen war, verkaufte der Senator seine Aktien mit einem Profit von 95.000 Dollar! Schon hat die Royal Cana-dian Mounted Police eine Hausdurchsuchung bei Senator Giguere vorgenommen, um diese Transaktion zu durchleuchten. Auch Jean Marchand, seit kurzem Minister ohne Ressort, wurde von der Royal Cana-dian Mounted Police einvernommen. Schließlich gehören ja die Flugplätze zum Ressort des Transportministeriums. Marchand, bitterböse über das Verhalten der Polizei, attackierte diese mit beleidigenden Worten. Die bizarre Attacke wurde prompt von seinem Ministerkollegen, Solicitor-General Warren Allmand, als „vollkommen unfair“ zurückgewiesen ...

Die Belle Province Quebec, Hochburg der Liberalen, schafft immer wieder neue Probleme für Trudeau. Zuerst ließ eine Streikwelle bei den olympische Bauten in Montreal die Welt aufhorchen. Nun untersucht die Polizei Korruptionsfälle beim Bau des Olympischen Dorfes.

Fast scheint es, daß eine Krise der. anderen folgt. Den Auftakt bildete der sensationelle Rücktritt des Finanzministers John Turner, der als „Kronprinz der Regierungspartei“ galt. Seine Demission aus „persönlichen Gründen“, im August 1975, erfolgte überraschend. Bald nachher erzwangen der Vormarsch der Inflation und immer höhere Forderungen der Gewerkschaften die Einführung der Lohn- und Preiskontrollen. Streiks haben nun auch den Großteil der riesigen Papierindustrie lahmgelegt; ihre Werke produzieren mehr Zeitungsdruckpapier als die Papierindustrie anderer Länder. Ein Streik der Lehrer in Toronto hat dazu geführt, daß die Leser der „Globe & Mail“ nun auch Aufgaben für Schüler in ihrem Morgenblatt finden.

Als Premierminister Trudeau kürzlich seinen Sekretär Jack Austin zum Senator ernannte, hatte er keine gute Presse. Austin, eine umstrittene Persönlichkeit, war in eine Reihe von Prozessen verwickelt. Eine Zeitung bezichtigte Trudeau der „schäbigen Freunderlwirtschaft“ und errechnete, daß die Ernennung des 43jährigen Austin die Steuerzahler 928.000 Dollar kosten werde; die Summe, die der neue Senator bis zur Erreichung der Altersgrenze kassieren kann. Ein Kolumnist des „Van-couver Sun“ kommentierte, Episoden dieser Art könnten ihn reizen, statt über Politik über Catcher zu berichten, da man hier sofort wisse, „wer die Scharlatane sind“.

Im Jahre 1968 ernannte Premierminister Trudeau seinen alten Bekannten Yves Pratte, einen Que-beker Anwalt, zum Präsidenten von Air Canada. Die staatliche Fluglinie beschäftigt 20.000 Mitarbeiter und besitzt mehr als 100 Flugzeuge. Nun hat eine Reihe von unliebsamen Affären und Interessenkonflikten, in die einige Air-Cahada-Manager verwickelt waren, zu Yves Prattes plötzlichem Rücktritt geführt. Otto Lang, der neue Transportrninister — ein Sohn deutscher Einwanderer — nahm die Demission sofort an.

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