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Kleinigkeiten

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Man sitzt zu Gericht. Österreichs „schwarzer Schatten“, Franz Olah, soll vor die Schranken. Ein letztes Kapitel wird eingeleitet Der Sturz vom Chefsessel des Innenministeriums in der Herrengasse, der SPÖ-Parteiausschluß, der Ausschluß aus dem ÖGB, dessen Präsident er einmal war, der Verlust des Nationalratsmandates, die Chancenlosig-keit seiner kleinen Demokratischen Fortschrittlichen Partei bei den Nationalratswahlen 1966 und allen seither abgehaltenen Wahlen zog tiefe Furchen in das Gesicht dieses bis zum Herbst 1964 erfolgreichen Mannes der Innenpolitik Österreichs. Noch immer sagt er von sich, daß er das Opfer einer Parteiintrige sei, daß er sich nur weniger „Kleinigkeiten“ bewußt ist, daß er zuviel über SPÖ-Spitzenfunktionäre wußte und dem damaligen Obmann Pittermann eben zu sehr auf die Nerven ging.

Aber ist das nicht das Risiko fast aller Spitzenpolitiker, irgendwann über eine „Kleinigkeit“ zu stolpern, ihren Gegnern Material zu liefern? Steht nicht jeder Mann an der Spitze ein wenig mit einem Fuß im Gerichtssaal? Olah hätte das wissen müssen, und Ausreden gelten da nicht. Und ein ordentliches Gericht wird über die Strafbarkeit von Olahs „Kleinigkeiten“ zu Rate sitzen.

Denn im Fall eines Freispruchs hat Franz Olah die Chance, von neuem zu beginnen. Das ist zwar nicht ein Trost, aber immerhin eine Hoffnung.

Und für solche Hoffnungen sollte man Demokraten dankbar sein.

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