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Zwei unterspülte Pfeiler

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Weder das Debakel der SPÖ noch das ÖVP-Desaster noch der glatte FPÖ-Erfolg kamen bei der Wiener Landtags- und Gemeinderatswahl am 10. November so ganz überraschend. Die Überraschung lieferten die Grün-Alternativen: mit 9,1 Prozent Stimmenanteil, sieben Mandaten - und ausländerfreundlichem Wahlkampf.

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Weder das Debakel der SPÖ noch das ÖVP-Desaster noch der glatte FPÖ-Erfolg kamen bei der Wiener Landtags- und Gemeinderatswahl am 10. November so ganz überraschend. Die Überraschung lieferten die Grün-Alternativen: mit 9,1 Prozent Stimmenanteil, sieben Mandaten - und ausländerfreundlichem Wahlkampf.

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(hs)-Die Grün-Alternativen (GA) mit „Promi" Peter Pilz an der Spitze haben ihren Wähleranteil gegenüber der Wiener Wahl 1987 mehr als verdoppelt und im Vergleich zu den Nationaratswahlen 1990 ein Fünftel zugelegt: Mit einem Stimmenanteil von 9,1 Prozent haben sie erstmals den Einzug ins Wiener Stadtparlament geschafft - und das gleich mit sieben Sitzen. Signifikant bei derGA-Bilanz: Sie hat in jenen Bezirken besonders gut abgeschnitten, in denen die ÖVP (etwa Neubau, Josefstadt, Alsergrund, Hietzing, Währing) besonders stark verloren hat.

Die FPÖ hat durch die Bank dazu-gewonnen und ihren Wähleranteil gegenüber 1987 um 133 Prozent aufgestockt, aber auch im Vergleich zu 1990 weitere 44 Prozent zugelegt. Mit einem Stimmenanteil von 22,6 Prozent hat sie die ÖVP deutlich auf den dritten Rang verwiesen und ihren Mandatsstand von acht auf 23 erhöht.

Bei der FPÖ stehen besonders große Zugewinne in einzelnen Bezirken (etwa Leopoldstadt, Favoriten, Sim-mering, Rudolfsheim-Fünfhaus, Ot-takring, Brigittenau) in direktem Zusammenhang mit schweren Verlusten der SPÖ in ihren „Hochburgen". Nicht zufällig weisen Fünfhaus, Ottakring und Brigittenau den höchsten Ausländeranteil in den Schulen auf.

Die ÖVP ist mit Heinrich Wille ins Bodenlose gefallen, hat mehr als ein Drittel ihres politischen Gewichts gegenüber 1987 und zwölf Mandate verloren: 18,1 Prozent Stimmenanteil und 18 Sitze im Stadtparlament sind von der Volkspartei geblieben.

Die SPÖ hat die absolute Wählermehrheit, ein Achtel ihrer Klientel und zehn Mandate verloren, aber Wahlrecht - sogar 46 Prozent (Ergebnis: 47,7) hätten noch gereicht - und Helmut Zilk haben gerade noch die Mandatsmehrheit (52 Sitze) gerettet. Ein politischer „Reichsbrückeneinsturz". 337.705 SPÖ-Stimmen unterm Strich - bei 399.515 Nicht-Wählern, das sind auch mehr als FPÖ, ÖVP und GA zusammengenommen an Stimmen mobilisiert haben.

Im Gesamttrend - Verluste für SPÖ und ÖVP, Gewinne für FPÖ und GA - liegen auch die 23 parallelen Bezirksvertretungswahlen. Trotzdem haben die Wählerinnen) differenziert.

Der kleine Unterschied

□ Die SPÖ hat in 15 Bezirken sogar noch schlechter als bei der Gemeinderatswahl abgeschnitten, in vier annähernd gleichwertig, nur in drei (Landstraße, Rudolfsheim-Fünfhaus, Brigittenau) besser. Da der Bezirksvorsteher von der relativen Mehrheit gestellt wird, stellt die SPÖ künftig aber insgesamt 16 (plus zwei von der ÖVP gewonnen: Neubau und Alsergrund) aller „Bezirksbürgermeister".

□ Die FPÖ hat in keinem einzigen Bezirk ihr Gemeinderatswahlergebnis erreicht, in Mariahilf, Hietzing und Döbling sogar deutlich verfehlt. Auf Anhieb stehen ihr aber 13 (!) Bezirksvorsteher-Stellvertreter zu.

□ Die ÖVP hat ihr Gemeinderatswahlergebnis bei den Wahlen zur Bezirksvertretung in allen Bezirken übertroffen, besonders signifikant in Wieden, Mariahilf, Währing und Döbling. In sieben Bezirken (Innere Stadt, Wieden, Mariahilf, Josefstadt, Hietzing, Währing, Hemals) stellt sie weiterhin den Bezirksvorsteher.

□ Die GA hat im Verhältnis das aus-und angeglichenste Wahlergebnis am 10. November erreicht, in Simme-ring, Meidling, Ottakring, Floridsdorf und Liesing wurde das Gemeinderatsergebnis auf Bezirksvertretungsebene sogar noch übertroffen.

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