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Die NDP verbieten?

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In der deutschen Öffentlichkeit wird seit nahezu zwei Jahren darüber diskutiert, ob über die Nationaldemokratische Partei die gesetzliche Feme ausgesprochen werden soll Als das Institut für Demoskopie Allensbach im November 1968 fragte: „Manche Leute sagen, die NDP müßte verboten werden. Sind Sie für oder gegen ein Verbot dieser Partei?“, entschieden sich 37 Prozent dafür und 36 Prozent dagegen. 27 Prozent verhielten sich unentschieden. Eine Umfrage im Februar 1967 hatte zu einem fast identischen Ergebnis geführt. Die Unsicherheit, mit der die Deutschen dem Problem gegenüberstehen, drückt sich in starken Meinungsunterschieden innerhalb einzelner Bevölkerungsgruppen aus:

Frauen (42 Prozent) sprechen sich sehr viel häufiger für ein NDP-Verbot aus als Männer (32 Prozent); Personen ab Sechzig sind mit 45 Prozent ihrer Stimmen erheblich zahlreicher dafür als Befragte unter 30 Jahren (31 Prozent); Erwachsene mit Volksschule würden mit 38:33 Prozent einen Ausschluß der NDP aus dem politischen Leben begrüßen, Personen mit höherer Schule wären mit 33:45 Prozent dagegen. Geteilt sind die Ansichten auch in den regionalen Bereichen. In Norddeutschland will lediglich jeder Dritte die NDP verboten wissen, zwei Fünftel halten jedoch nichts von einem solchen Bann. In Bayern sind die Auffassungen ziemlich genau umgekehrt.

Übrigens kann aus dem Votum gegen ein NDP-Verbot noch keineswegs auf eine Sympathie für diese Partei geschlossen werden.Das zeigt sich besonders deutlich am Beispiel der Altersgruppen: Obgleich sich die jüngsten Bevölkerungsschichten am stärksten einer gesetzlichen Maßnahme gegen die Nationaldemokraten widersetzen, registrieren sie argwöhnisch und besorgt jede Zunahme der Rechtsextremisten. Bei einer Allensbacher Umfrage nach der Landtagswahl in Baden-Württemberg im Mai 1968 erklärten 47 Prozent der Sechzehn- bis Neunundzwanzig jährigen, die Erfolge der NPD bedeuten eine Gefahr für unsere Demokratie. Bei der älteren Bevölkerung war diese Furcht schwächer ausgeprägt.

Einen weiteren Beweis für ihre demokratische Standfestigkeit lieferten die jüngsten Erwachsenen bei der Frage: „Glauben Sie, daß es für ein Land besser ist, eine Partei zu haben, damit möglichst große Einigkeit herrscht, oder mehrere Parteien, damit die verschiedenen Meinungen frei vertreten werden können?“ Nur jeder zwanzigste der unter Dreißigjährigen würde an einem Ein-Par-teien-Staat Geschmack finden; von den Personen ab 60 wäre jeder zehnte dafür. Zugleich sprachen sich von der jungen Generation 81 Prozent, von der ältesten aber nur 72 Prozent für den Mehr-Parteien-Staiat aus.

Hinter der scheinbar freundlichen Haltung der jungen Bundesbürger gegenüber der NDP verbirgt sich also keine Anfälligkeit für ein neues nationalistisches Denken. Das Ergebnis ist vielmehr als Ausdruck einer liberalen, autoritätsfeindlichen Grundgesinnung zu verstehen, die auch den politischen Gegner von Verboten und Zwang freihalten möchte.

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