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, Anschlußgerede wäre für die Deutschen in Österreich verhängnisvoll

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Adolf von Thadden, das ist der Mann, der Deutschland wieder Weltgeltung verschaffen will. Mit seiner NPD ist er in ganz Deutschland unterwegs, verfolgt von den linken Störtrupps der APO, geschützt von seiner Saalgarde. Dieser Mann, dessen Schwester 1944 von den Nazis hingerichtet wurde, behauptet zwar, jeden aus seiner Partei zu entfernen, der NS- Gedankengut vertritt. Aber in biedermännischem Ton spricht Thadden im guten, alten braunen Jargon

• von den Deutschen in Österreich,

• von den Deutschen in Südtirol,

• von den braven und aufrechten Männern und Frauen der österreichischen NDP.

Mit der wohl schillerndsten Figur im deutschen Wahlkampf sprach „Furche”-Redakteur Georg Manhardt.

Furche: Herr von Thadden, Sie sind Vorsitzender der vielumstrittenen NPD. Welche Chancen geben Sie Ihrer Partei für die Bundestagswahlen am 28. September?

Thadden: Nach den Berechnungen der Meinungsforscher, die seit Monaten angestedlt sind, wurde bereits im Februar bed einem Parteitag der NPD trotz der damals noch existenten Verbotsdrohung ein Stimmenanteil von acht bis zwölf Prozent vorausgesagt. Wie die letzten Ergebnisse der Meinungsforschungsinstitute zeigen, stimmen diese Ziffern auch heute noch.

Furche: Es wird der NPD aber immer wieder vorgeworfen (und es werden Zitate gebracht), daß führende Mitarbeiter nationalsozialistisches Gedankengut erneut unter das Volk bringen und daß in den Reihen der NPD und vor allem auch in ihrer Führungsspitze viele Nationalsozialisten eine neue politische Heimat gefunden haben.

Thadden: Der Prozentsatz der

Nationalsozialisten ist bei der NPD nicht höher als bei der CDU/CSU. Wäre der Prozentsatz ehemaliger Nationalsozialisten bei den Konditionen der NPD so hoch, wie es immer gesagt wird, wäre schon längst ein riesiges Geschrei im Gange. So gibt es nur die lapidare Erklärung des Innenministeriums, daß unter den Kandidaten 36 alte Nazis seien. Diese Propaganda wirkt aber heute nicht mehr. Die andere Frage, ob es in der NPD ein Gedankengut gibt, das im Programm nicht vorhanden ist, das aber mit alten NSDAP-Leitsätzen und -Anschauungen Parallelen hat, dazu möchte ich erklären, daß wir bisher noch jeden, der uns in eine

Richtung drängen könnte, indem er alte Leitsätze verkündet, eliminiert haben, und zwar sofort.

Furche: Das heißt also, daß Sie alle, die nazistisches Gedankengut vertreten, aus der Partei eliminieren beziehungsweise eliminieren ließen? Thadden: Ja, genau.

Furche: Was halten Sie — um zu einem anderen Gebiet zu kommen — von der EWG? Glauben Sie, daß eine solche europäische Vereinigung erweitert werden muß, oder sind Sie der Meinung, Deutschland müsse sich mehr auf seine nationalen Eigenheiten — wie das Ihre Partei immer wieder fordert — besinnen? Thadden: Deutschland hat ein nationales Ziel: nämlich die Wiederver einigung. Wenn aber, kann es dies nur in Zusammenarbeit mit den westeuropäischen Nachbarn erreichen. Und deswegen sind wir der Auffassung, daß die EWG ein vernünftiger Ansatz dazu ist, hier in Europa jene Potenz entstehen zu lassen, mit der man eines Tages selbständige Politik gegenüber dem Osten zu betreiben vermag. Die Erweiterung der EWG wird ja heute immer wieder auf zwei Länder diskutiert, das eine ist England und das andere ist Österreich mit seinen Assoziierungswünschen. Letztere sind natürlich absolut verständlich, wir würden uns sehr dafür einset- zen, daß man dieser Assoziation zustimmt, glauben aber, daß die letzten Entscheidungen darüber vielmehr bei der Wiener Regierung liegen. Furche: Sie würden also ein Arrangement Österreichs mit der EWG begrüßen. Würden Sie darin einen engeren Zusammenschluß Deutschlands mit Österreich sehen und halten Sie solche Zusammenschlußbestrebungen für begrüßenswert oder glauben Sie, daß dies heute auf einer anderen Ebene liegt?

Thadden: Ich glaube, das liegt auf einer vollkommen anderen Basis. Die Entscheidung Österreichs ist 1955 gefallen, und sie wird die Politik der nächsten Jahrzehnte absolut weiter beeinflussen. Jeder Versuch, da hereinzureden, jeder Versuch, ein Anschlußgerede wieder aufleben zu lassen, wäre für die Deutschen in Österreich nach meiner Meinung verhängnisvoll, und deswegen lehnen wir dieses strikte ab. So sehr wir also eine EWG-Assoziation Österreichs begrüßen würden — und zwar einfach, weil die beiden Staaten durch Sprache, Geschichte und Kultur einigermaßen verbunden sind. So wird eine weitere Möglichkeit der engeren Zusammenarbeit auf wirtschaftlicher Grundlage möglich sein. Furche: Es dürfte Sie, da Sie ja das Wort „national” in Ihrem Parteinamen haben, auch das Südtirol-Problem berühren. Welche Einstellung haben Sie, beziehungsweise Ihre Partei, dazu?

Thadden: Ich bin der Auffassung, daß in Sachen Südtirol bisher die eigentlich notwendige Kooperation zwischen der deutschen und der österreichsichen Bundesregierung nicht stattgefunden hat. Es ist primär ein österreichisches und sekundär ein deutsches Problem. Denn es geht ja auch da um Deutsche. Ich glaube, daß die Bundesregierung der Wiener Regierung in den letzten Jahren bei ihren Südtird-Bemühun- gen manche Unterstützung hätte geben können, wenn sie sich jemals dazu aufgerafft hätte, bei den Italienern entsprechend vorstellig zu werden. Sie hat sich da immer herausgehalten.

Furche: Man hat Ihrer Partei und den Funktionären wiederholt vorgeworfen, daß sie Kontakte zu Südtirol-Extremisten wie zu Burger, Klotz und anderen gehabt hätten. Stimmen diese Behauptungen und haben Sie auch hier Maßnahmen getroffen, daß solche Kontakte unter- bunden werden?

Thadden: Es bestehen natürlich persönliche Kontakte. Sie wissen, der Verkehr von Salzburg nach Freilassing ist nicht eben kompliziert. Es ist verständlich und naheliegend, daß es hier persönliche Verbindungen gibt, insbesondere von Bayern hinüber nach Österreich. Aber in einem offiziellen Rahmen ist das nicht der Fall.

Furche: Bestehen solche Verbindungen in einem offiziellen oder inoffiziellen Rahmen zu der neugegründeten NDP in Österreich?

Thadden: Ich glaube, daß die NPD in der Bundesrepublik die Bemühungen der NDP in Österreich nicht eben fördern würde, im Gegenteil erschweren könnte.

Furche: Sie halten also die NDP nicht für eine Schwesterpartei Ihrer NPD, sondern vielmehr für das, was man Ihrer Partei vorwirft: nämlich für eine neonazistische Vereinigung? Thadden: Nein, die NDP befindet sich, soweit ich es weiß, ja erst im allerersten Anfangsstadium, und soweit ich unterrichtet bin, sind es rechtschaffene Männer und Frauen, die sich in dieser bislang noch sehr kleinen Partei zusammengefunden haben. Es ist im Augenblick aber für mich kein aktuelles Problem.

Furche: Bestehen von Ihrer Partei offizielle oder inoffizielle Kontakte zur FPÖ?

Thadden: Nein, auch keine. Wir lesen ihre Zeitung, sie lesen unsere Zeitung, aber damit hat es sein Bewenden.

Furche: Gibt es in Ihrer Partei einen Arierparagraphen?

Thadden: Nein, gibt es nicht.

Furche: Haben Sie Juden in Ihrer Partei?

Thadden: Ja, haben wir.

Furche: Prozentsatzmäßig?

Thadden: Der ist ganz, ganz gering. Furche: In Parteileitungsgremien haben Sie auch welche?

Thadden: Nein.

Furche: Wir danken für das Gespräch.

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